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STADT-SOUND - Klänge einer europäischen Kulturstadt
Globaler Heimat-Sound - "Volksmusik" 200 Jahre nach Herder und die Frage nach der Quote im Radio
Tagung im Rahmen des Projektes "STADTSOUND - Klänge einer europäischen Kulturstadt", gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Thüringer Landesmedienanstalt
5. bis 7. Sept. 2004 - Weimar
EJBW, Jenaer Straße 2/4 + neues museum, Weimarplatz
Eine Veranstaltung von Radio LOTTE Weimar in Zusammenarbeit mit der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen
200 Jahre nach Herder und zwei Jahre nach der Diskussion um eine deutsche "Leitkultur" macht sich Radio LOTTE auf die Suche nach der "Volksmusik". Uns interessiert, wie sich Kulturen im globalisierten Kontext des 21. Jahrhunderts musikalisch präsentieren, welche unterschiedlichen nationalen Zugänge zur "Volksmusik" existieren und welche Rückschlüsse daraus auf die jeweilige gesellschaftliche Situation möglich sind. Wir wollen fragen und diskutieren:
- Ist der Begriff "Volksmusik" noch zeitgemäß, oder führt er unweigerlich in die Abgründe eines Musikantenstadls mit Stefanie Hertel, Marianne und Michael?
- Kann "Volksmusik" Identität stiften - politisch, kulturell und emotional?
- Welche Rolle spielt der Text? Oder ist der "Volksmusik-Trend" rein musikalisch zu beantworten - nonverbal, analog dem Übergang zur gegenstandslosen Malerei vor 90 Jahren, als die (Klang-)Farbe Ereignis genug wurde? Welche Klang(-Farbe) hat die Volksmusik von morgen? Welche typische Instrumentalisierung und welcher Rhythmus wohnen ihr inne?
- Oder ist es eine Frage der Aufführungsorte? Welche Rolle spielen der öffentliche, der mediale oder der private Raum?
- Welchen Sinn macht die immer wieder geforderte Quote deutscher Musik? Welche Rückschlüsse kann man aus den französischen Erfahrungen ziehen? Welche Chance haben dabei die unabhängigen Radiosender, die keinem öffentlich-rechtlichen Quotendruck und kommerziellen Medienpoker ausgeliefert sind? Sind sie möglicherweise die Keimzellen einer neuen deutschsprachigen Musikkultur?
Die Tagung wird ergänzt durch Experimente, Präsentationen und eine öffentliche, live übertragene Podiumsdiskussion.
Tagungsprogramm
Sonntag, 05. September 2004
19.00 Uhr
- Mathias Buß (Programmchef Radio LOTTE Weimar): Eröffnung und Begrüßung
19.15 Uhr
- Dr. Peter Fauser (Volkskundliche Beratungsstelle Thüringen): Volksmusik zwischen Herder und "Musikantenstadl"
- Prof. Gerlinde Haid (Institut für Volksmusik der Universität Wien): Volksmusik als dynamischer, in die Zukunft offener Prozess
22.00 Uhr
- Radiokonzert "Avantgardistische Hausmusik"
Montag, 06. September 2004
9.00 - 12 Uhr "Volksmusik im Heimatsender" - pro und kontra
- Dr. Matthias Gehler (Programmchef mdr 1 Radio Thüringen, stellv. Landesfunkhausdirektor und Kommunikationswissenschafter): Ein Heimatsender im Generationsumbruch der Hörerschaft
- Pascale Thibaut (radio france internationale): Hintergründe und Erfahrungen zur Förderung einheimischer Musik durch eine feste Quote
- Journalisten mittel- und süd-osteuropäischer Radiostationen (Projektpartner von Radio LOTTE im INTERREG-Projekt "H.E.R.M.E.S.): In welcher Breite wird der Begriff der Volksmusik gegenwärtig definiert? Welchen Stellenwert nimmt die Volksmusik im Musikprogramm ein?
12 - 14 Uhr Mittagspause
14 - 18 Uhr Volksmusik - praktisch und experimentell
- Michael von Hintzenstern (EFIM - Ensemble für Intuitive Musik Weimar) Wie ist die musikalisch codierte Botschaft im experimentellen Rahmen abrufbar?
- Yvonne Buchheim - Projektvorstellung "Die singende Stadt": Auf der Suche nach dem Liedgut der Weimarer hat sie dieses mit Hilfe von Video- und Audioaufnahmen dokumentiert.
- Ganz schön feist "Popacapellacomedy" (Göttingen; Rainer Schacht, Christoph Jess, Mathias Zeh; im Konzert mit Gespräch und Diskussion) "Den Geschichten, über die sie singen, sagt man nach, dass sie das Leben schreibt. Wenn das Leben einen Stift hätte."
- Bobo & Stefan Herzberg - "Volkslieder", CD-Projekt im Konzert, mit Gespräch und Diskussion. "Ich bin mit Chorälen und Liedern der Romantik aufgewachsen, das waren meine musikalischen Wurzeln bevor ich Joni Mitchell und Fleetwood Mac entdeckt habe. In den letzten Jahren blitzte die Idee immer mal wieder auf, ein ganzes Album mit Volksliedern aufzunehmen, also ganz weit weg zurückgehen.. und zu sehen, was man heute damit anfangen kann."
19.30 Uhr Öffentliche Podiumsdiskussion: "Zwangsmaßnahmen als Alternative? Die Diskussion um die 'Quote'"
- Dr. Hartmut Spiesecke (Bundesverband der phonographischen Wirtschaft): "Wir brauchen die Radioquote zur Stärkung unserer nationalen Musikkultur." Die Plattenfirmen produzieren neue Künstler "in einer irrsinnigen Breite, und im Radio findet das nicht statt."
- Bärbel Moser, Radio France International: Hintergründe und Erfahrungen der Förderung einheimischer Musik durch eine feste Quote
- Stefan Müller (Frankfurter Rundschau): "Es geht um Kohle, nicht um Kultur. Die Forderung nach einer Quote für deutsche Musik im Radio ist wie Herpes: Äußerst ärgerlich, immer wiederkehrend - und völlig sinnlos."
- Frank Dostal (Medientheoretiker FH Jena): "Die sog. öffentlich-rechtlichen Sender müssen ihrem kulturellen Auftrag nachkommen und ihren Hörern das vorstellen, was hier vor Ort stattfindet: lokal-regional-national-europäisch, selbstverständlich und notfalls mit Quote, sonst sind sie überflüssig"
- Helmut Lehnert (Programmchef radio eins, rbb): Ist die Forderung nach der Quote ein unzulässiger Eingriff in die Radiofreiheit? Ist sie überhaupt wünschenswert, praktikabel und umsetzbar?
Dienstag, 07. September 2004
10.00 Uhr
- Stadtführung auf den Spuren Johann Gottfried Herders
Begleitaktionen
- "Avangardistische Hausmusik als interaktives Radioprojekt" im Rahmen der Sendung "Neue Töne - extra" auf Radio LOTTE Weimar: Über das Medium eines lokalen Radiosenders werden die Hörer daheim mit ihren Hausinstrumenten aller Art zu einem Soundverbund gebracht. Live-Konzert: 5. Sept. 2004, 22-23:00 Uhr, Ort: neues museum, on air: UKW 106,6MHz, Kabel 107,35, livestream (weiteres s. dort)
- Yvonne Buchheim - "Die singende Stadt" - eine musikalische Installation: Die Künstlerin war auf der Suche nach dem Liedgut der Weimarer, daß sie mit Hilfe von Video- und Audio-Aufnahmen dokumentiert hat. Ort: EJBW, Jenaer Straße (weiteres s. dort)
- Klang-Installation: Entlang des kanalisierten Lotte-Bachs werden in der Innenstadt (Schillerstraße, Theaterplatz) akustische Meridianpunkte gesetzt, und das Radio-LOTTE-Programm wird an eben Stellen aus den Gullydeckeln heraus zu hören sein. (weiteres s. dort)