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Kommentar

Kommentar vom 03.12.2013

Die SPD in ihrem Lauf halten weder die Jusos noch die Slomka auf - Sieben Landesverbände der Jungsozialisten lehnen eine große Koalition der SPD mit der Union ab. Der Kreisverband Erfurt ebenso. Aber – sie haben Gabriel noch nicht zum Thema reden hören. Der Parteivorsitzende nämlich zeigt sich optimistisch, dass die SPD-Mitglieder der Vereinbarung zustimmen werden. Schließlich liege mit dem Koalitionsvertrag etwas vor, was den „Kern sozialdemokratischer Politik“ beinhalte. Derzeit tingelt Gabriel durch die Regionalkonferenzen. Und der SPD-Vorsitzende erobert auf seinem Werbefeldzug für die große Koalition scheinbar eine Stadthalle nach der anderen. Seine Partei müsste sich längst fragen, warum sie nicht ihn zum Kanzlerkandidaten gemacht hatte. Doch noch ist sie vollauf damit beschäftigt, ihr Wahlergebnis vergessen zu machen. Das ist ihr mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags schon weitgehend gelungen. Nun muss nur noch die „Basis“ davon überzeugt werden, dass sie es in der Hand hat, aus einer Wahlniederlage einen Verhandlungssieg zu machen. Wirbelwind Gabriel schafft die Voraussetzung dafür. Er entkräftet auf seiner Tournee mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein und Empathie die Sorge, die Kanzlerin werde der SPD wieder die Butter vom Brot nehmen. Derzeit jedenfalls stiehlt der Verlierer der Siegerin die Show. Frau Merkel hält das aus. Muss sie auch. Denn wenn die SPD-Basis zustimmt, ist die Kanzlerin die Siegerin. Denn sie wird wieder gewählt. Und wie man es auch dreht und wendet, die SPD wird das, was Steinbrück keinesfalls wollte: ihr Steigbügelhalter. Und die Rechnung der SPD-Führung scheint aufzugehen. Laut jüngsten Umfragen sind drei von vier Sozialdemokraten für ein schwarz-rotes Bündnis auf Bundesebene. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der „Welt am Sonntag“ kommt sogar auf einen Zustimmungswert von 78 Prozent im Wählerlager der Sozialdemokraten. Wie die SPD-Basis tatsächlich über den Koalitionsvertragsentwurf entscheidet, wird sich aber erst Mitte Dezember zeigen. Aber - was folgt aus der Koalitionsvereinbarung? Sie ist für die SPD-Fraktion eher ein Leitfaden, als ein Vierjahresplan. Selbst konkrete Abschnitte, wie der über den Mindestlohn, enthalten viel Konkretisierungsspielraum. Muss Gabriel dann jedesmal ein neues Mitgliedervotum abhalten, wenn die Fraktion vom vorliegenden Papier abweichen will? Das wäre in der Tat eine Entmachtung des Parlaments. Gabriel könnte also jederzeit Koalitionskonflikte eskalieren lassen. Er müsste sich nur auf das Mitgliedervotum berufen. Er könnte gar über einen neuerlichen „Gang zur Basis“ einen Koalitionsbruch riskieren. Das sähe dann sehr basisdemokratisch aus, wäre allerdings reine Manipulation. Auch der erste SPD-Bundestagsabgeordnete hat inzwischen seine Ablehnung gegen die große Koalition erklärt. Es ist der Dortmunder Marco Bülow. Er plädiert dafür, ein solches Bündnis nur im Ausnahmefall einzugehen. Den sieht Bülow aber nicht als gegeben. Wir stecken in keiner Krise und es habe Alternativen gegeben. Aber auch inhaltliche Kritikpunkte am ausgehandelten Koalitionsvertrag führt der Abgeordnete an: Er ist fest davon überzeugt, dass eine sozialdemokratische Prägung dieser Koalition nicht möglich ist. Bülow kritisiert außerdem die Vielzahl der Prüfanträge und den Verzicht auf viele wichtige SPD-Positionen. Große Herausforderungen werden nicht angegangen. Und genau das vermissen auch die Jusos. Der Politikwechsel, mit dem die SPD im Wahlkampf geworben hat, bleibt aus. Es fehlten unter anderem ein Finanzierungskonzept für Zukunftsinvestitionen, die Vision eines anderen Europas, Perspektiven für junge Menschen und wichtige Reformprojekte wie die Einführung einer Bürgerversicherung. Bundesweit sind rund 475.000 SPD-Mitglieder aufgerufen, über die Regierungsbildung in Berlin zu entscheiden. Das Ergebnis soll am 14. Dezember bekannt gegeben werden. Dann wird auch mitgeteilt, wie die begehrten Ministerposten in der Koalitionsregierung verteilt sind. Damit wollte man wohl die Diskussion an der Basis nicht unnötig belasten.

(Grit Hasselmann)

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