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Kommentar

Kommentar vom 17.02.2009

Zurück zur Weimarer Republik? - Die Feiern zum 90. Jahrestag der ersten Sitzung der Nationalversammlung in Weimar liegen hinter uns. Es gibt Einige, die eine merkwürdige Art des Gedenkens an dieses Ereignis an den Tag legen. Sie verhalten sich wie damals. Indifferenz bis Toleranz gegenüber rechtsradikaler Gewalt, Ablehnung bis Empörung über linke Positionen. Hatten wir alles schon mal, wohin es führte, ist hinlänglich bekannt.
Die brutalen Überfälle krimineller Schläger aus dem Dunstkreis der NPD auf friedliche Bürger müssten eigentlich auch dem letzten uninformierten Uniformierten klar gemacht haben, dass es ernst ist.
Braune Horden rütteln an den Pfeilern unserer Demokratie. Diese Gefahr ist real und ungleich präsenter als die mögliche Bedrohung durch islamische Terroristen. All zu viele aus dem so genannten bürgerlichen Lager verstehen unter Sitzblockade immer noch das Verweilen im häuslichen Fernsehsessel. Ihr Desinteresse ist alarmierend. Und dumm. Denn die Ereignisse in Dresden, bei Chemnitz und an der Raststätte Teufelstal haben gezeigt: Es kann jeden treffen. Niemand ist vor den feigen, niederträchtigen Angriffen nazistischer Gewalttäter sicher. Lassen wir uns das gefallen? Nein!
Trotz verständlicher Empörung und blankem Entsetzen ist aber jetzt nicht die Zeit übereilter Reaktionen und aus Angst geborenem Aktionismus. Es bedarf der nüchternen Analyse der Vorfälle. So es Versäumnisse auf Seiten der Ordnungsbehörden gegeben hat, müssen diese benannt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Viel wichtiger ist die Mobilisierung der bis dato Schweigenden. Ihnen muss klar gemacht werden, dass Passivität gegenüber rechter Gewalt Mitschuld am Leid der nächsten Opfer bedeutet. Dass gelangweiltes zu Hause bleiben am Wahltag antidemokratische Entwicklungen begünstigt. Und dass Demokratie nicht ins Haus flattert wie kostenlose Zeitungen. Sie muss geschützt, verteidigt und gelebt werden. Es ist höchste Zeit, alle demokratischen Kräfte ohne Ansehen ihrer politischen Ausrichtung zu versammeln und den braunen Horden die Stirn zu bieten. „Jetzt erst Recht“, wie es die zu Schaden gekommenen Weimarer Bürger vormachen. Es ist dabei weder hilfreich noch Ziel führend, sich gegenseitig politischer Agitation und Wahlkampf motivierter Handlungen zu bezichtigen. Nicht spalten, Vereinigen ist das Gebot der Stunde. Wirtschafts- und Finanzkrise allein können eines der reichsten Länder der Welt, und das sind wir immer noch und werden es bleiben, nicht aus der Bahn werfen. Passivität gegenüber und Handlungsspielräume für Extremisten schon. Wollen wir uns von unseren Enkeln ernsthaft fragen lassen müssen: Warum habt Ihr nichts getan? Die selbe Frage, die wir unseren Großeltern gestellt haben.
Unsere Gesetzgebung kennt den Begriff der Güterabwägung. Unser politisches Bewusstsein offenbar nicht mehr. Allzu leichtfertig gehen wir mit im Laufe der Geschichte teuer erkämpften Grundrechten um, erachten sie als selbstverständlich. Und schlimmer noch, bei einem Teil der Bevölkerung macht sich Unmut und Demokratieverdrossenheit breit. Dass das Recht, Demokratie Scheiße finden zu dürfen, auch erst erkämpft werden musste, sehen sie nicht.
Den politisch Verantwortlichen in unserem Land sei ins Stammbuch geschrieben: Kümmert Euch um die Menschen. Und nicht, weil Ihr Wählerstimmen haben wollt, sondern weil es Eure verdammte Pflicht ist. Wir haben Euch in die vorderste Reihe gestellt, damit Ihr unsere Interessen und unsere Werte verteidigt. Wenn Ihr das überzeugend hin bekommt, stehen wir hinter Euch.

(Michael Schlag)

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