Kulturrückblick
Kulturrückblick vom 18.01.2016
Kunstausstellungen zuhauf - Anmoderation:
Es gibt in Weimar derzeit viel zu sehen, meint Wolfgang Renner,und hat für seinen Kulturreport heute einige Ausstellungen besucht.
Als ich vorige Woche beim Kulturreport bemerkte, der Januar sei eine veranstaltungsarme Zeit, mochte das wohl weniger für die Kunstausstellungen gelten. Da gab es nämlich jetzt Ausstellungseröffnungen gleich zuhauf: religiöse Motive in Apolda, Janosch in Ettersburg, Dada am Markt 21 oder Norbert Hinterberger im ACC. Gelegenheit also, mal wieder zu schauen, was Weimars „Kunsttempel“ so bieten und und womit die Kunst sich derzeit beschäftigt.
„Vom Allmächtigen zum Leibhaftigen“ - so heißt die Schau im Kunsthaus der Apolda Avantgarde. Ein Manager aus der Wirtschaft, der sich zugleich als Philosoph mit Ethik befasst und außerdem Kunst sammelt, zeigt dort einige Bilder seiner Sammlung. Die Überschrift klingt spannend; es stecken darin Fragen, die Künstler seit vielen hundert Jahren beschäftigen: Was ist Gott? Wie findet man ihn? Woran erkennt man ihn? Religiöse Motive gibt es in der europäischen Kunst seit dem frühen Christentum, ihre Darstellung hat sich aber im Laufe der Geschichte sehr gewandelt. Das Spannende an der Apoldaer Schau daher ist, dass man Bilder aus dem holländischen Barock des 17. Jh. mit Werken von Künstlern aus unserer Zeit zusammengehängt hat.
Mein Eindruck dabei: Bei gleichen Motiven haben die Maler einst viel mehr noch die Geschichten erzählt und die Mythen gepflegt. Heute beschränken sie sich eher auf das Plakative, und wollen Geschichten wohl eher im Kopfe des Betrachters entstehen lassen, als auf der Leinwand...
Nicht unbedingt erhebend oder schön sind die Werke: viele Wunden sind zu sehen, aber keine Wunder; die Spiritualität bleibt aus. Und die Fragen, mit denen die Ausstellung lockt, bleiben unbeantwortet – für mich jedenfalls... Oder habe ich da etwas übersehen?
Ein Kurator und Publizist, der bisher schon viele bemerkenswerte Ausstellungen in Apolda gestaltet hat – Dr. Hans-Dieter Mück – war diesmal aber an einem anderen Ort zugange, hat eine neue „Spielwiese“ gefunden: Das Schloss Ettersburg. Unter seiner Federführung hat sich in den Gängen und im Gewehrsaal des Schlosses fast still, aber beständig, ein bemerkenswertes Ausstellungsprogramm entwickelt. Dort kann man nun seit dem Wochenende Farbradierungen von Janosch sehen – Farbradierungen für Erwachsene...
„Vergeblich vergöttern wir die Kunstmuse“ heißt diese Schau.
Und was gibt es in Weimar selbst zu sehen?
Am Freitagabend eröffnete da in der Galerie Markt 21 „Zürich – Züklon – Züankali“, eine Ausstellung zu „100 Jahre Dada Zürich“ und der „Dadadekade 2012-2022 Weimar“.
Diese Dekade geht in ihr fünftes Jahr und soll die Erinnerung wachhalten an den Konstruktivistenkongress, der 1922 in Weimar stattfand. Und so ist es vor allem eine informative Schau geworden, mit vielen Bildern und Dokumenten, gerahmt an den Wänden, auch mit Filmen von Aktionen, die auf Initiative von Michael v. Hintzenstern hier stattfanden. Nun hatte ich zwar ein neuerliches Loblied auf die Moderne in der Kunst erwartet und eine womöglich auch sperrige, vor allem aber provozierende, Schau ganz im dadaistischen Sinne, aber da wurde ich doch enttäuscht. Und ich frage mich, ob ein Büchlein oder eine DVD nicht die geeignetere Form gewesen wäre, das Ansinnen unter die Leute zu bringen; denn den Ausstellungsraum bedarf es eigentlich dafür nicht.
Aber völlig auf den Raum fixiert, als wären sie eigens dafür geschaffen – und zwar auf den Ort des ACC am Burgplatz – sind die Objekte und Bilder von Norbert W. Hinterberger, seit vielen Jahren Professor an der Bauhaus-Universität, ein Österreicher mit viel Hintersinn, verhaltenem Humor, gar Ironie und mit verblüffenden Sichtweisen auf die Welt. Seine Ausstellung, die gemeinsam mit Werken von David Mannstein und Anne Krausz am Sonnabend eröffnet wurde, heißt „Der Weisheit letzter Schluss“.
Das aber war er bei weitem noch nicht; denn bei dem Ereignis einer Ausstellungseröffnung und der vielen Reden dabei, kommt die eigentliche Kunst mitunter zu kurz – weil eine Zwiesprache mit den ausgestellten Werken schlecht möglich ist inmitten des Gedränges all der herzugeeilten Gäste. Viele waren da – man kennt sich, sieht sich, begrüßt sich, und Kunst bildet dann den angenehmen Rahmen für die Begegnung...
Der Weisheit letzter Schluss also: Nochmals hingehen; denn es gibt derzeit wieder viel zu schauen in und um Weimar – und das nicht nur in den eben erwähnten Galerien.
Und wie sang doch der Türmer in Goethes „Faust II“: Wir sind zum Sehen geboren und zum Schauen bestellt...
Abmoderation:
Ausstellungseröffnungen also zuhauf. Und womöglich war die eine oder andere Anregung dabei, mal wieder in eine Galerie zu gehen. Das war der Kulturreport mit Wolfgang Renner ...
(Wolfgang Renner)