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Kommentar

Kommentar vom 27.04.2010

Von Vietnam nach Afghanistan - Vor 35 Jahren, genau am 30. April 1975 endete der Vietnamkrieg. Die USA hatten den ersten Krieg in ihrer Geschichte verloren. Wann der aktuelle Krieg in Afghanistan zu Ende sein wird, ist noch nicht abzusehen. Ein ranghoher britscher Offizier sprach vor einiger Zeit davon, dass der Krieg mindestens 40 Jahre dauern werde. Warum er so weit in die Zukunft blicken kann, lässt sich nicht erklären. Es kann aber auch als ein verklausuliertes Eingeständnis begriffen werden, dass der Krieg in Afghanistan für die USA und ihre Vasallen nicht zu gewinnen ist.

Schauen wir ein wenig zurück. Im 19. Jahrhundert holte sich das Vereinigte Königreich in Afghanistan eine blutige Nase, im 20. Jahrhundert dann die Sowjetunion. Beide büssten kurz darauf ihren Status als Weltmacht ein. Das Britische Empire zerfiel bald ebenso wie später die Sowjetunion. Warum ziehen die US-amerikanischen Politiker und Militärs daraus nicht die notwendigen Schlüsse? Gewiss, Afghanistan ist von enormer strategischer Bedeutung und selbstverständlich befinden sich dort große Mengen an Erdöl und anderen Bodenschätzen. Nach mittlerweile achteinhalb Jahren Krieg am Hindukusch sollte jedoch klar sein, dass die NATO dort auf verlorenem Posten steht.

Erschreckend ist aber auch, dass die meisten verbündeten Vasallenstaaten in das gleiche Horn blasen und von einem alternativlosen Einsatz sprechen. Besonders perfide war der Auftritt von Kanzlerin Merkel letzte Woche im Bundestag. Angesichts von sieben toten Bundeswehrsoldaten innerhalb von zwei Wochen gab es zur Schau gestellte Trauer und semantische Spitzfindigkeiten. Merkel habe volles Verständnis, dass die Soldaten vor Ort von Krieg sprechen. Ihr Verständnis ist bestimmt tröstlich beim Verrecken. Ansonsten aber die gleiche Litanei wie sie seit Jahren zu hören ist. Es wäre verantwortungslos, die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen. Wenn Politik tatsächlich die hohe Kunst des Verdrehens von Tatsachen ist, dann erzielt Merkel in dieser Disziplin Höchstnoten. Gleichzeitig wirft sie den NATO-Partnern Kanada und den Niederlanden indirekt Verantwortungslosigkeit vor. Denn diese Länder ziehen ihre Truppen bis 2011 ab. Dass sie ausgerechnet den paranoiden Satz des ehemaligen Verteidigungsministers Struck zitiert, dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt werde, soll wohl die Nation auf weitere tote Bundeswehrsoldaten einstimmen. Am Hindukusch wird also auch weiterhin deutsches Geld verbrannt, deutsches Ansehen in der islamischen Welt verspielt und deutsches Blut vergossen. Wen wird Merkel eigentlich bei den nächsten toten Soldaten zitieren? Horaz böte sich an: Dulce et decorum est pro patria mori. Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.

(Oliver Kröning)

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