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Kommentar

Kommentar vom 29.08.2003

Was du ererbt von deinen Vätern... - Thüringens Kulturstaatssekretär Jürgen Aretz hat zwei Jahre mit den Vertretern des Hauses Sachsen Weimar und Eisenach um eine Einigung gerungen. Er wollte eine Vereinbarung, die für die Adligen akzeptabel, für Thüringen bezahlbar und für die Menschen verständlich sei. Nun - viele Menschen können sicher nicht verstehen, warum Prinz Michael für sein hübsches Töchterchen Leonie 15-einhalb Millionen Euro einstreicht und andererseits für Kultur, Bildung oder auch Wirtschaftsförderung kaum noch Geld aus den Kassen des Freistaates fließt. Finanzministerin Diezel musste gar eine Haushaltssperre verhängen.
Andererseits wären das Goethe-Schiller-Archiv, die Anna-Amalia-Bibliothek und das Inventar zahlreicher berühmter Weimarer Schlösser und Häuser einschließlich der Särge von Goethe und Schiller mit 15-einhalb Millionen Euro nicht annähernd zu bezahlen gewesen. Vor diesem Hintergrund gebührt dem Staatsekretär Aretz uneingeschränkter Respekt für das von ihm erreichte Verhandlungsergebnis. Wir wollen mal hoffen, dass der Antrag auf ein möglichst großes Bundesverdienstkreuz vom Thüringer Ministerpräsidenten schon eingereicht wurde.
Der hat aber hoffentlich auch mitbekommen, dass der Staatsekretär seine eigene Landesregierung in die Pflicht genommen hat. Das Erbe Weimars nicht nur museal zu erhalten, sei eine Aufgabe der Thüringer Kulturpolitik.
Zurück zu den 15,5 Millionen Euro, die ab September in die Schatulle des Hauses Sachsen Weimar und Eisenach fließen werden. Wenn man den Versicherungen Prinz Michaels zur Vertragsunterzeichnung glauben kann, ist das Geld für Weimar und Thüringen ja nicht verloren. Schließlich haben Seine Königliche Hoheit ja erklärt, den größten Teil des Vermögens seines Hauses in der Region Weimar investieren zu wollen. Das Engagement seines Hauses stehe unter dem Motto, Weimar zukunftsfähig zu machen. Das Ensemble Weimar solle wieder auf der Bühne von Intellektualität und Kunst verankert werden. Auch wolle er dabei helfen, die ökonomische Basis- dem gelernten DDR-Bürger ist dieser Begriff sicher noch im Ohr- der Stiftung Weimarer Klassik zu entwickeln. Er habe mit der gütlichen Einigung sein Eigentum zugunsten eines Mitgestaltungsrechtes der öffentlichen Hand übertragen, die er als Stellvertreter aller Bildungsbürger dieser Welt sieht.
An diesen Worten sollten wir alle den Prinzen Michael kritisch messen und genau verfolgen, in welcher Weise er seinen Versprechen Taten folgen lässt. Das ist allemal sinnvoller, als den Hofknicks oder Kratzfuß zu üben, wie einige vermeintlich republikanisch gesinnte fundamentalistische Kritiker des Einigungswerkes meinen nun tun zu müssen.
Und wenn das Engagement Seiner Königlichen Hoheit in und um Weimar für alle sichtbare Früchte trägt, wird auch der Wunsch des Staatssekretärs – und dann hoffentlich Träger des Bundesverdienstkreuzes - Aretz in Erfüllung gehen. Die Menschen in Thüringen verstehen dann wenigstens den Sinn dieses Einigungsvertrages.

(Jürgen Marschall)

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