Kommentar
Kommentar vom 28.11.2011
Schottern - Bengalisches Feuer der Gutmenschen? - In den USA findet alljährlich Ende November Thanksgiving statt. In Deutschland gibt es zur gleichen Zeit ein ganz anderes Ritual: den Castor-Transport von La Hague nach Gorleben, um dort deutschen Atommüll zwischenzulagern. Und natürlich die Proteste dagegen. Selbstverständlich ist unbestritten, dass Deutschland seinen Atommüll wieder von Frankreich zurücknehmen muss, sodass die Proteste dagegen stets eine Ersatzhandlung waren. Es ist mittlerweile allgemeiner Konsens, dass sich die Salzstöcke von Gorleben nicht als Endlager eignen und somit war es all die Jahre völlig legitim, misstrauisch zu sein. Denn die Gefahr, dass aus dem Zwischenlager Gorleben ein Endlager Gorleben würde, war stets unübersehbar. Alternativlos, hätte die Kanzlerin es wahrscheinlich genannt.
Durch den Super-GAU von Fukushima hat jedoch ein durchaus überraschendes Umdenken auch bei den bürgerlichen Parteien stattgefunden. Und es wurden nicht nur fast die Hälfte aller deutschen AKWs abgeschaltet und der Atomausstieg verkündet, sondern die Diskussion über Endlageralternativen neu angefacht. Zwar ist stets Misstrauen angebracht gegenüber der Politik im allgemeinen und einer Kanzlerin, die ihre Standpunkte häufiger wechselt als ihre Hosenanzüge, im besonderen, aber es hätte auch nichts dagegen gesprochen, wenn man die diesjährigen Castor-Proteste runtergefahren hätte. Analog zur Atomenergiegewinnung.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hat durchaus Recht, wenn er den Widerstand in diesem Jahr für sinnlos hält. Stattdessen wurde die Eskalation noch einmal gesteigert und die Castor-Gegner feiern es als einen Triumph, dass sie dieses Jahr den Transport noch länger aufhalten als in den Jahren zuvor. Letztendlich ist der Kampf aber absurd, weil es unerheblich ist, ob die Castor-Behälter den Salzstock zwei, drei oder vier Tage später erreichen. Müssen wir uns deswegen – frei nach Albert Camus – die Protestierer als glückliche Menschen vorstellen? Oder sind es vielmehr nicht doch erschreckende Fanatiker, die in ähnlicher Weise die Konfrontation mit der Staatsgewalt suchen wie Fußball-Hooligans, die bengalische Feuer in den Stadien abfackeln wollen? Im Wendland freilich wird die nicht akzeptable kriminelle Energie angereichert mit unerträglichem Gutmenschentum. Wenn Grünen-Chefin Claudia Roth dieses explosive Gemisch in ihrer intelligenzfreien Rhetorik als „legitim“ bezeichnet, unterstreicht sie zum wiederholten Male die Unwählbarkeit ihrer Partei.
In den nächsten Jahren wird es keine Castor-Transporte geben. Wahrscheinlich wird ein Großteil der Protestierer darüber nicht allzu glücklich sein.
(Oliver Kröning)