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Buchrezension

Buchrezension vom 25.01.2012

„Kölner Totenkarneval“ von Stefan Keller - Es ist der Alptraum einer ganzen Stadt. Zum Karnevalssauftakt am 11.11. um 11 Uhr 11 sprengt sich ein Attentäter in einer überfüllten Kölner Kneipe in die Luft. Sieben Menschen sterben. Wenige Tage später präsentiert das ermittelnde BKA den türkischen Studenten Ali Öçzan als Täter. Niemand zweifelt an der Version des Attentats eines islamistischen Einzeltäters mit Verbindungen zum internationalen Terrorismus. Nur Alis Eltern beharren auf seiner Unschuld und beauftragen Privatdetektiv Marius Sandmann, um herauszufinden, was wirklich geschehen ist …

Kellers Roman ist ein Krimi, wie er zur besten Sendezeit auch im Fernsehen laufen könnte. Zumeist glatte, gestylte Charaktere treten in Aktion, um Licht in das unfassbare Geschehen zu bringen.
Der Privatdedektiv Marius Sandmann, ein sportlicher und ambitionierter Mann seines Genres, ist ein Wühler. Kaum eine Gelegenheit lässt er aus, um zu recherchieren, um Spuren zu finden, die ihn zunächst mal vom präsentierten Täter wegführen, denn ausschließen will Sandmann auch diese Möglichkeit nicht.
Eine ähnlich geartete Spürnase ist die Kriminalkommissarin Paula Wagner, die den Ermittlungen des BKA, und somit einer Wegnahme des Falls, skeptisch gegenüber steht. Doch schon am Morgen nach dem Attentat auf die Innenstadtkneipe gibt es einen weiteren Toten, diesmal im Rhein. Die Kommissarin wird also trotz BKA nicht arbeitslos. Dennoch wird sie auch in diesem Fall bei den Ermittlungen gebremst – von verschiedenen Seiten.
Logisch, dass sich die Wege Wagners und Sandmanns irgendwann kreuzen und klar auch, dass die Polizistin die Arbeit des Detektivs nicht kalt lässt. Immerhin darf er, was sie nicht darf.

Die erste Hälfte des Romans liest sich glatt, beinahe zu flüssig, um wirklich Interesse beim Leser zu wecken, wie gesagt, fernsehreif sind die Figuren und auch der Plot. Wirklich spannend und auch ein wenig anders wird die Geschichte aber, als es auch auf den Dedektiv einen Anschlag gibt, mit einer baugleichen Bombe, wie sie auch in der Kneipe verwendet wurde.
Keller versucht – gelungen – Irrwege zu legen. Die Palette reicht von Islamisten aus Öczans Umfeld, über gealterte Linksaktivisten, über die Fremdenlegion bis hin zum Eifersuchtsmord. Nicht außer Acht zu lassen ist dabei natürlich die superschnelle und somit naheliegend unglaubwürdige Ermittlungsarbeit des BKA.
An dieser Stelle erhält der Roman aus dem Gmeiner-Verlag eine ungeheure Aktualität. Angesichts der Ermittlungsfehler, Vertuschungen und Täuschungen durch Sicherheitsbehörden in Sachen des aktuellen Rechtsterrorismus in Deutschland ist Kellers Roman beinahe eine vorweg genommene Allegorie.
Ganz nebenbei eröffnet Keller erschreckende Sichtweisen auf Täter-Opfer-Verhältnisse. Blitzschnell wird der als Täter präsentierte Türke auch von seinen Freunden als solcher gesehen, sämtliche Vorgeschichte in den Hintergrund gestellt.
Lobenswert also der Mut des Gmeiner-Verlages auch politisch-relevante Krimithemen zu verlegen. Bitte weiter so!

Insgesamt hätten Kellers „Totenkarneval“ ein wenig mehr Kanten gut gestanden. Manches Klischee wird munter durch die Geschichte getragen, beinahe bis zum Überdruss. Dennoch, die Geschichte ist gut zu lesen und man möchte stets wissen, wie es weiter geht. Das Genre ist also doch nicht so tot, wie manch einer meint.

Stefan Keller
Kölner Totenkarneval
Sandmanns zweiter Fall
374 Seiten
12 x 20 cm
Erschienen: Juli 2011
Paperback
ISBN 978-3-8392-1197-7
11,90 €

(Shanghai Drenger)

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