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Kommentar

Kommentar vom 18.11.2008

Dealen mit Delinquenten? - Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Es ist aber nicht so, dass die Zeitspanne zwischen Anklageerhebung und Urteilsverkündung einer lebenslangen Freiheitsstrafe gleich käme. Dennoch gilt bei vielen Richtern und Staatsanwälten „Prozessverkürzung“ als Zauberwort. Sicherlich führt es in manchen Fällen zu einem schnelleren Verfahren. Aber verbessert eine kürzere Prozessdauer zwangsläufig auch die Qualität der gefällten Urteile?

Justizia ist ja bekanntlich blind, soll heissen, sie handelt ohne Ansehen der Person. Manchmal wünscht man sich aber doch ein genaueres Hinschauen seitens der alten Dame.

So im zur Zeit laufenden Prozess gegen 25 Mitglieder des Motorradclubs „Bandidos“ vor dem Landgericht Erfurt. Da scheint es zuzugehen wie im Basar. Zunächst unterbreitet die Staatsanwaltschaft den Vorschlag, für alle Angeklagten nur Bewährungsstrafen zu fordern, wenn diese sich denn geständig zeigen. Das ruft die Verteidiger auf den Plan und diese eröffnen die zweite Runde des juristischen Tauschhandels. Sie gehen auf das Angebot ein, verlangen aber zusätzlich, dass auch Angeklagte mit Vorstrafenregister und bereits unter Bewährungsauflagen stehende nicht hinter Gitter kommen. Akt Drei des Spiels „Die Siedler von Knastan“: Die Staatsanwaltschaft lehnt diese Forderung ab.

Aufatmen beim Betrachter. Denn diese im neudeutsch „Deals“ genannten Verfahrenspoker sind nicht unproblematisch. So hat erst vor wenigen Tagen ein Richter am Bundesgerichtshof gemahnt, dass "Deals" bedenkliche Konsequenzen hätten. Sie führten letztlich dazu, dass Richter inhaltsleere Urteile sprächen, und sie ihr Handwerkszeug verlernten, je mehr sie „dealten“.
Im Falle der Bandidos kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Das Sicherheitsempfinden der Bürger wird durch das martialische und brutale Auftreten dieser Motorradgang massiv beeinträchtigt. Das Innenministerium und die Thüringer Polizei versuchen durch erhöhten Ermittlungsdruck, dem Problem Herr zu werden.

Wenn es denn endlich gelungen ist, Straftäter vor Gericht zu bringen, darf die Justiz die Anstrengungen der Polizei, für mehr Sicherheit in unserem Land zu sorgen, nicht durch feilschen und faule Kompromisse konterkarieren. Im Erfurter Prozess geht es schliesslich um Landfriedensbruch, nun wirklich kein Kavaliersdelikt.
In Wirtschaftsstrafverfahren, die sich über Jahre hinziehen können, mag eine verkürztes Verfahren noch hinnehmbar sein. Aber selbst dann bleibt noch ein fader Nachgeschmack. Im Fall organisierter Kriminalität darf sich der Staat aber auf keinerlei Kuhhandel einlassen. Hier gilt es, Flagge zu zeigen und eindeutig klar zu stellen: Wir wollen keine gewaltbereiten Banden in unserem Land, die sich über dem Gesetz stehend wähnen. Ihnen muss eindeutig gezeigt werden: Null Toleranz und keine Kompromisse.

(Michael Schlag)

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