Tonspur
Tonspur vom 19.01.2014
Caged Animals – In The Land Of Giants -
„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“ Oh Mann, was hat mich meine Oma früher mit diesem Spruch genervt. Wenn ich von der Schule heimkam, und eigentlich gleich wieder weg wollte. Hausaufgaben? Fuck off!
Irgendwie hat das aber nie bei mir gefruchtet, und so sitze ich auch diesmal erst am Sonntagvormittag am Schreibtisch, starre die Nebelsuppe vorm Fenster an und überlege, was ab morgen (!) für ´ne Tonspur laufen könnte. Also fix mal nachgeschaut, was ich zuletzt häufig gehört habe: Okay; Soul. Ja, ich mach mal ne Soul-Platte. Space Invadas? Ach ne, die insgesamt nicht so dolle. Vielleicht doch was anderes. Eclectic Moniker? Hab ich jetzt kein Bock drauf. Vielleicht mal ein Klassiker? Ach hier, Mogwai. Hmm, besser ein anderes Mal. Bei dem Wetter zieht mich das sonst noch zu sehr runter. Ich gucke mal, was diese Woche neu rausgekommen ist. Boy & Bear; die hatten doch ´ne ganz gute Debut-Platte. Fazit nach kurzem anhören: Besser nicht, sonst rege ich mich nur noch auf. Aber hier ist doch was: Seichter, minimalistischer Pop, nicht zu anstrengend für Tag, Uhrzeit, Wetter und nicht zu deprimierend für die leicht angeknackste Stimmung. Dann mal los, ich muss den ganzen Bums schließlich auch noch einsprechen, schneiden und haste nicht gesehen…
Deshalb nun endlich zur Aufgabenbewältigung: Meine Wahl fiel auf die Caged Animals und deren aktuelle Platte „In The Land Of Giants“. Cooles Cover übrigens; ein Mädchen mit zugekniffenen Augen, dem ein – was ist das eigentlich – Gecko oder sowas im Gesicht klebt. Egal! Hinter den Caged Animals steckt eigentlich und ursprünglich der Songwriter Vincent Caccione. Der Name verrät es, der kommt aus Italien; lebt aber nun in Brooklyn. Caccione hatte vorher schon eine Band, die sich Soft Black nannte und offenbar nur den Zweck hatte, darin den Tod des eigenen Vaters musikalisch zu verarbeiten. Ganz anders und doch auch familiär ist das bei den Caged Animals. Die werden nämlich komplettiert von Vincents Freundin Magali Charrin am Keyboard, seiner Schwester Talya am Bass und Pat Curry an den Drums. Nach dem Debut „Caged Animals“ und dem viel beachteten „Eat Their Own“ kam nun kürzlich mit „In The Land Of Giants“ die dritte Platte der New Yorker auf den Markt. Der Sound bewegt sich darauf altbewährt in einer Misschung aus Art- und Indie-Pop; Lo-Fi-Elektro und Dreampop, oft fragil und immer recht minimalistisch. Zu entdecken gibt es trotzdem immer wieder was; da mal ein Glöckchen, hier ein Akkordeon oder dort ein völlig unerwartetes Saxophon. Die Songs kreisen um Alltägliches: Familiengeschichten, Liebe, Glaube, Hoffnung – man kennt das ja. Aber das fetzt so verpackt irgendwie: Und ich bin nun auch gar nicht mehr so dolle angepisst, dass ich heute noch die Tonspur machen muss. Schließlich hab ich mir so wieder mal die Zeit genommen, eine Platte aufmerksam durchzuhören. Und, was das Beste ist, die gefällt mir auch noch; sehr sogar!
Hier sind die Caged Animals mit „You Are A Giant Now“!
(Christian Faludi)