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Buchrezension

Buchrezension vom 10.02.2014

Svealena Kutschke - "Gefährliche Arten" - Wer kennt sie nicht, die ewig in Schwarz gehüllten existenzialistischen jungen Künstlerinnen und Künstler? Sie spielen Theater, treiben sich in Galerien herum, trinken Rotwein, stellen komische Dinge aus, wollen Kunst machen und so weiter. So waren sie einst. Heute kommt vielleicht noch hinzu, dass sie nicht immer in Schwarz gehen und dass sie heute auch anderes als Rotwein zu sich nehmen, aber Kunst wollen sie immer noch machen. Und was geblieben ist, andere Künstler werden immer noch so gnadenlos miss- und verachtet wie seit eh und je.
Nun, so in etwa in diesem Milieu spielt Svealena Kutschkes Roman „Gefährliche Arten“, welcher 2013 im Eichborn-Verlag erschienen ist.
Die junge Künstlerin Sasha arbeitet immer mal wieder in der Galerie ihres Freundes Tim, in der sie von Zeit zu Zeit einen Kunstshop betreibt, der mal als Postamt fungiert, mal als Zoohandlung oder ähnliches. Das jedoch ist nur Nebensache. Im hauptsächlichen ist Sasha eine Suchende. Das Objekt bleibt vorerst unbekannt.
Sasha pflegt eine gegenseitig und selbstzerstörerische Beziehung mit Jannis, der seinerseits Theaterstücke schreibt, in denen er das Chorische in einem Moment hochleben und es im nächsten von Schauspiel-Elevin Sophia, die wiederum mit Tim liiert zu sein scheint, zerschmettern lässt.
Das scheint alles reichlich konfus daher zu kommen in dieser Geschichte und fürwahr, das ist es auch. Doch allem Anschein zum Trotz gelingt es der Autorin eine angespannte Ordnung in dieses Wirrwarr der Beziehungen und Gefühle zu bringen. Die Handlung ist nicht immer gleich erkennbar, und ein Ziel, so man eines sucht, schon gar nicht. Hat es wenigstens einen Sinn? Aber ja. Kutschkes Roman ist durchzogen von einem gewissen Thrill, denn Protagonistin Sasha fliegt gewissermaßen vollkommen losgelöst durch ihre Zeit und ihre Orte. Sasha ist unfähig Ruhe zu genießen, unfähig Liebe oder wenigstens Zuneigung zu geben und anzunehmen, selbst von der eigenen Tochter nicht, die sie im Lauf der Geschichte maximal über Skype an sich heran lässt. Und selbst dies lässt nur mäßige Ergebnisse zu. Sie weiß manchmal nicht, was es auf sich hat mit der Existenz der Menschheit ganz allgemein hier auf dieser Erde und mit ihrer eigenen schon gar nicht.Der globale Bezug findet Widerhall in einer Stipendienreise Sashas ins ferne diktatorische China, wo das Chorische überall ein Zuhause zu haben scheint. Die Reise wird selbstredend zum Fiasko.

Kutschkes Roman ist auf seine eigene Art großartig. Die Wortwahl ist kunstvoll, die Struktur, wie gesagt angespannt geordnet, was dem Ganzen wiederum eine Leichtlesbarkeit gibt, die dem inhaltlichen tragischen Gewicht diametral gegenüber zu stehen scheint. „Gefährliche Arten“ ist die Geschichte einer Generation, die auf seltsame Weise nie verschwindet, die sich nie auslebt, einer Generation, die dennoch immer wieder ihre eigene Todesursache gebiert – den Zweifel.
„Gefährliche Arten“ ist ein empfehlenswerter Roman, verbunden mit dem Hinweis, oder sollte ich sagen, einer Warnung?: „Bitte nur bei sonnigem Wetter oder/und heiteren Gemütszustand konsumieren!“

Svealena Kutschke "Gefährliche Arten"
Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 2013
ISBN 9783847905370
Gebunden, 192 Seiten, 16,99 EUR

(Shanghai Drenger)

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