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Buchrezension

Buchrezension vom 18.02.2014

"Staat, Kirche, Fußball" von Gerd Kallweit - „Staat – Kirche – Fußball“, so ist das rund 190 Seiten umfassende Buch Gerd Kallweits betitelt. Inhaltlich zieht der Autor einen weiten Bogen von der Politik über Glaubensfragen bis hin zur Frage, welche Rolle der Fußball in beiden Zusammenhängen spielt.Kurz gesagt, alles dreht sich um die Frage: Wer spielt hier eigentlich mit wem?
Dabei ist der Beginn des Buches durchaus verheißungsvoll. Viele Menschen stellen sich recht häufig die Frage, warum ausgerechnet die Kirche, in welcher Gestalt und Konfession auch immer, solchen Einfluss auf die Politik im Land nehmen kann, wie sie es tut. Angefangen bei der scheinbar vollautomatischen Einziehung der Kirchensteuern, um mal die banalste Frage anzusprechen, die wohl jedem als erstes durch den Kopf geistert. Weiter: warum leistet die Kanzlerin nach ihrer Wahl einen Eid auf die Bibel oder warum hat sich das deutsche Volk ein Grundgesetz in der Verantwortung vor Gott gegeben?
All solche Fragen werden zunächst aufgeworfen. Beantwortet werden sie mit Sicherheit nicht, das wäre anmaßend für den Autoren, doch bleibt ihm die Aufgabe des Hinterfragens. Zum besseren Verständnis, der Autor Gerd Kallweit hat einst evangelische Theologie, Politikwissenschaften und Publizistik studiert und später in verschiedenen hessischen und rheinland-pfälzischen Ministerien die Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Er soll also Erfahrungen mit Menschen und Meinungen gemacht haben. Das er das hat, untermauert Kallweit mit ausführlichen Recherchen, die er mitunter auch relativiert, denn nicht jede Umfrage, die er gemacht hat, ist repräsentativ, beruhen sie doch stets auf Freiwilligkeit.
Wichtiger scheint mir allerdings das Hinterfragen so mancher Politikpraxis, was Kallweit auf Grund seiner theologischen Hintergründigkeit treffend gelingt. Im sehr ausführlichen Mittelteil lädt der Autor zu einem weitschweifigen Exkurs in die Welt der Bibel ein. Er fragt unter anderem nach welche Grundlage überhaupt für einen Glauben gegeben ist, denn, so führt er aus, die Jungfräulichkeit der Mutter Maria kann wissenschaftlichen Forschungen nicht stand halten. Ebenso die Existenz des heiligen Geistes und selbst wenn die Existenz Jesus von Nazareth stichhaltig belegbar sein sollte, der Umstand, das Jesus tatsächlich Gottes Sohn sei, ist wirklich nur eine Sache des Glaubens. Und dennoch, viele Politiker und Politikerinnen, die LenkerInnen so mancher realer politischer Entscheidung, welche uns alle, ob Atheist oder Mitglied irgendeiner der zahlreichen Glaubensrichtungen und Kirchen betrifft, berufen sich auf eben dieses nur im Bereich des Glaubens Auffindbare, nämlich Gott.
Und überhaupt: was ist der, die oder das Gott eigentlich? Und was hat der, die oder das mit unserem jetzigen Leben zu tun? Und unserer Vorstellung von Demokratie, der wir uns doch weitestgehend verpflichtet fühlen. Ist es so viel, dass sich seit Generationen Weltenlenker jedweder Konfession und Weltanschauung immer wieder auf dieses Ungreifbare berufen können? Oder ist es letzten Endes nur ein Machtspiel, ein Mittel zum Zweck, ein Argument für die Ausschaltung des eigenen mitunter kritischen Denkens?
Gerd Kallweit versucht zu provozieren und aufzuklären, was ihm weitestgehend gelingt.
Ein Fehlpass allerdings unterläuft ihm auch, und zwar direkt, wenn es um die Sache mit dem Fußball geht. Die Absicht ist zwar gut erkennbar, auch beim Fußball geht es um Glauben, um Rituale und Liturgien, um ein großes Gemeinschaftsgefühl mit positivem oder negativem Grundmuster, es geht dabei ebenso um Politik und mitunter um Macht, in diesem Fall um monetäre Macht, also Gewinnmaximierung. So richtig einleuchtend ist ihm die Darlegung seiner Absicht meines Empfindens nach aber nicht gelungen. Vielleicht hätten dem ansonsten sehr gründlich Recherchierenden hierbei vertiefende Gespräche mit Sportreportern, Spielern, Trainern oder eben den Gläubigen, also den Ultras, mehr genutzt. Diesbezüglich bleibt dieses recht anspruchsvolle Buch, um im fußballerischen Bild zu bleiben, doch nur ein mühevoll erkämpfter Heimsieg.
Trotz allem, wie heißt es so schön: am Ende zählen die drei Punkte. Und die heißen in diesem Falle. Denken, denken und nochmal denken.

Gerd Kallweit - Staat, Kirche, Fußball - erschienen bei Shaker-Media
ISBN: 978-3-95631-115-4

(Shanghai Drenger)

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