Tonspur
Tonspur vom 12.03.2014
Blaudzun – Promises Of No Man´s Land -
Was sind Helden ihrer Jugend? Für war eine heikle Frage, denn antworte ich ehrlich muß ich vielleicht mit Hohn und Spott rechnen, sage ich die Unwahrheit kann es sein, das mir nix Cooles einfällt und ich trotzdem doof da stehe und ich muß beim nächsten mal möglichst die gleiche Antwort geben. Also die Wahrheit und nix als die Wahrheit, mit fünf fand ich Rex Gildo toll, wo alle anderen Heino klasse fanden, in der Pubertät fand ich Elvis toll, wo die coolen Jungs aus den Höheren Klassen sich nicht entscheiden konnten, ob Kiss oder AC/DC geiler sind.
Einer meiner absoluten Lieblingsfilme aus der Zeit - „Zwiebeljack räumt auf“ mit Franco Nero, ohne Bud Spencer und Terence Hill, aber die fand ich etwas später auch toll. Schon bei den Namen hätte ich stutzig werden sollen, aber bin ich nicht.
Gab´s noch mehr Helden, vielleicht aus dem Sport, vielleicht Katharina Witt, Waldemar Czerpinski, oder der Floh aus dem Erzgebirge Jens Weisflog – eigentlich nicht, vielleicht war ich dazu zu unsportlich.
In Holland saß nun irgendwo der kleine Johannes Sigmond, seines Zeichens großer Radsportfan. Sein Held heißt Verner Blaudzun, ein dänischer Radrennfahrer, der zu den besten Amateurradrennfahrern der 60er und 70er Jahre zählt. Er war Strassenweltmeister, Weltmeister im Mannschaftszeitfahren und errang eine olympische Bronzemedaille, aber wem erzähle ich das. Das Ganze muß auf den kleinen Johannes riesigen Eindruck gemacht haben, weil er Jahre später seine Band nach eben diesem Radfahrer benannt hat, BLAUDZUN. Jedenfalls denke ich mir das, weil ich´s so ganz schön finde, aber vielleicht hing auch nur so ein olles vergilbtes Plakat im Proberaum, einer Band, die bis dato noch kein Name hatte.
In den Niederlanden gelang Johannes Sigmond aka Blaudzun spätestens 2012 mit "Heavy Flowers" der Aufstieg zum Songwriter-Superstar seines Landes. Gold-Status und den Edison Award als bester Künstler, das holländische Pendant zum Grammy, staubte er mit seiner dritten Platte ab. Nun ist die vierte Platte "Promises Of No Man's Land" auch in Deutschland erschienen. Blaudzun ist eine Mischung aus Rock, Pop, Folk und Singer/Songwriter, mit Sigmond als Sänger und Mastermind. Daraus entwickelt er mit Hilfe von bis zu acht Gastmusikern prachtvolle, orchestrale Klangkulissen, in denen Streicher, Bläser und Trommeln Akzente setzen. Ich überlege die ganze Zeit wie ich den Vergleich charmant umgehen kann, aber ja sie hören sich frappierend nach Archade Fire an, genauer gesagt nach den guten alten Archade Fire, die noch Rockmusik gemacht haben und nicht in der Disco zu Hause sind.
Blaudzuns Album beginnt passend mit “Euphoria”, das die Route der anstehenden Reise vorgibt. Ein perfekter Einstieg – und eine gleichermaßen behutsam schöne Überleitung zum nächsten Titel “Promises Of No Man´s Land”, einer überwältigenden Indie-Folk Hymne. Blaudzun versteht es traurig-charmant durch sein eigenes Niemandsland zu führen. Das Wechselspiel zwischen Kopfstimme und sanftem Murmeln fängt eine Stimmung auf, die sich nur schwer beschreiben lässt, sofern man sie nicht selbst gehört und gefühlt hat.
Jeder einzelne Song auf "Promises Of No Man's Land" besticht mit ausgefeilten Arrangements mit Spannungsbögen, die an keiner Stelle abflachen. Im Schatten des großen Namens Arcade Fire braucht sich Blaudzun nicht zu verstecken. Im Gegenteil: Allen, denen der Rummel um "Reflektor" zu bunt geworden ist, bietet er Zuflucht in einem ebenso unerschöpflichen Klangkosmos.
Blaudzun haben ein Album produziert, das von Emotionen und großartigen Melodien geradezu überflutet ist.
An der Stelle der Titeltrack “Promises Of No Man´s Land”der exemplarisch für das ganze Album steht.
(Dennis Klostermann)