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Kommentar

Kommentar vom 01.07.2014

Toooooor! Oder doch eher Abseits? - Es könnte eigentlich so schön sein. Eine Fußball-Weltmeisterschaft! Sportliche junge Männer treffen sich zum friedlichen Kräftemessen. Die Sieger jubeln, die Verlierer weinen, alles ist fair und ein einziges Fest für die Zuschauer. Aber nein. So ist es eben nicht. Es beginnt mit den Medien. Sie sollen hübsch von den Spielen berichten. Sie sollen vorzugsweise die Übertragungen von Experten kommentieren lassen, die wirklich Ahnung haben und sich nicht nur gerne reden hören. Das scheint aber nicht möglich zu sein.
Da sind viele Stunden zwischen den WM-Spielen mit Vorberichten, Nachberichten, Expertenbefragungen, Spekulationen, Statistiken, Analysen, Interviews, Live-Schalten rund um die Welt, Zitieren von zweifelhaften Twitterkommentaren, Gewinnspielen und allerlei Klatsch und Tratsch zu füllen. Wer braucht das? Die Hausfrau? Als Belohnung, dass sie mit ihrem Gatten die Spiele anschaut? Die Fußball-Fans, die das alles selber wissen und dazu noch besser? Oder die Journalisten, die froh sind, alle anderen Themen ausblenden zu können, weil sich eh keiner dafür interessiert, dass der Gaza-Streifen bombardiert wird aus Rache für den Mord an drei jungen Israelis? Und dann noch die Art, wie da berichtet wird: Als wäre der friedliche Wettstreit in einen Krieg ausgeartet. Neuester trauriger Höhepunkt: „Beim Sieg gegen Algerien zeigt Manuel Neuer: Sein Tor verteidigt er überall – an der Eckfahne, nahe der Mittellinie, zur Not wohl auch am Hindukusch.“ Was bitte soll das denn? Ironisch ist es nicht gemeint. Soll es witzig sein? Oder eine subtile Anspielung auf die Einsätze der Bundeswehr im Ausland? Was auch immer es sollte, es ist völlig daneben gegangen. Schöner sind eigentlich nur noch die Kommentare im Netz. Darf man für Deutschland sein als Deutscher? Sind Fußballfans reaktionär, chauvinistisch, Nationalisten? Oder doch nur die Deutschen? Oder sollte man die Auto-Korsos und den lauten Jubel der Fans die Siegermannschaft verbieten? Der Bundestag hat ja schon übers Public Viewing entschieden. Warum nicht auch über die Anzahl der erlaubten Tröten? Ist ja nicht so, als gäbe es andere Sachen zu besprechen. Fracking zum Beispiel. Was haben die eigentlich zur ersten Fußball-WM gemacht? 1930 in Uruguay. Da gab es keine Live-Schalten ins Stadion. Keine Flutlichter und gefühlte 200 Kameraperspektiven. Haben die am Ende einfach nur Fußball gespielt und danach zusammen gefeiert? Wie langweilig! Ich denke, das können wir besser. Immerhin gibt es ja heute wenigstens vernünftige Fan-Artikel. Sogar falsche Wimpern mit Bällen und Rasen. Und das ist ein Thema, mit dem ich jetzt gar nicht erst anfange: Wer verdient wie viel mit der Fußball-WM. Stattdessen amüsiere ich mich lieber darüber, wie vom Kindergarten bis ins Büro alle darüber fachsimpeln, was schief gelaufen ist und warum. Und wie sie es alle, aber auch wirklich alle besser gekonnt hätten. Und dann bin ich erleichtert, dass am Ende Fußball immer noch ein Spiel ist, das man (auch ohne Geld) auf jedem Bolzplatz dieser Welt mit Leidenschaft betreibt. Und deshalb liebe ich auch diese Fußball-WM.

(Grit Hasselmann)

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