Tonspur
Tonspur vom 12.07.2014
Little Dragon - Nabuma Rubberband -
Wenn ich mal frei assoziiere zum Thema „Kleiner Drache“ dürften wohl den meisten meiner Generation der kleine Drache in den Sinn kommen, der partout Feuerwehrmann werden wollte, auch wenn er der gänzlich ungeeignetste dafür war. Grissu hieß der kleine Drache und hat meist die Sache nur noch schlimmer gemacht, weil er natürlich als Drache eher Feuer speit, als es zu verhindern! Dafür ist er natürlich immer gehänselt worden und nur sein Vater hat mit viel Kopfschütteln zu ihm gehalten, oder wars die Mutter, weiß man bei Drachen eigentlich nicht so genau, eine ziemlich unerforschte Spezies. Die Moral bei der Geschichte, zum einen eine Loblied auf die Hilfsbereitschaft und die kindliche Fantasie, die ich persönlich für überschätzt halte, aber ohne Kinder kann ich das wohl nicht wissen, geschweige einschätzen, zum anderen ein Plädoyer auf die Eingenwilligkeit auch absurde Ziele ernst zu nehmen! Wenn sie sehen, das ihr Kind ein NERD wird, also ein richtiger, nicht diese Modenerd´s mit Fusselbärten und Hornbrille, freuen sie sich, zwingen sie ihn eine möglichst unpassende Lehre zu machen und sie werden sehen, wie er sich zu einem prima FREAK entwickelt.
Vielleicht ist Grissu auch nur eine Metapher, auf alle die, die immer was anderes werden wollten, als das was sie gerade machen. Deren Zahl dürfte nicht gering sein, die auf Ämtern herum sitzen oder in der Innenstadt Strafzettel an Fahrradfahrer verteilen und damit die Entwicklung anderer neuer Grissu´s verhindern, die an Grenzen scheitern, die keiner braucht, außer Leute, die vielleicht etwas anderes hätten werden sollen.
So genug Freunde gemacht und noch was gearbeitet und das mit großer Freude, denn es geht um einen anderen kleinen Drachen, mit Namen Yukimi Nagano, genannt “Little Dragon”.
Fräulein Nagano ist zwar Schwedin hat aber japanische Wurzeln und in Schweden gründet sie mit vier bärtigen Freunden eine Band gleichen Namens.
Lange Zeit waren Little Dragon ein ziemlich niedliches Geheimding in der weiten Welt des Electro-Pop. Die Schweden galten als Insider-Tipp, der ab und an auf gut kompilierten Frühlingsmixtapes auftauchte und dort sicherlich eine gute Figur machte. Schleichend, aber stetig, kam letztlich doch der Durchbruch, zum einen getriggert durch ihr tolles drittes Album "Ritual Union", zum anderen durch ihre große Freude an prestigeträchtigen Kollaborationen.
Allen voran mit den Gorillaz, Big Boi oder DJ Shadow, alle luden Little Dragon ins Studio, was nicht zuletzt vor allem auch an der markanten Stimme Yukimi Naganos gelegen haben dürfte.
„Nabuma rubberband“ Heißt nun der vierte Longplayer und was auffällt die Platte ist ruhiger geworden, die Band versucht sich in atmosphärischen ausgefeilteren Songs. Um das zu unterstreichen beginnt die Platte mit dem sperrigen Song „Mirror“. Auf minimalistisch tröpfelnden Beats hallt Naganos Stimme umher, im Hintergrund wird ebendiese verfremdet und zerstückelt. Kein Auftakt nach Maß, hier wird eher die Freude am Experiment zelebriert. Mit "Klapp klapp" folgt darauf dann doch ein kribbelnder Hit, der Little Dragons R'n'B-Wurzeln offenlegt. Geschmackvoll wird also geschmachtet, nicht ohne jedoch dem Electronica-Ansatz treu zu bleiben und furiose Beats ins Rennen zu schicken. Klasse!
Diese Abwechslung zwischen Hit und Experiment macht die Platte in der Folge so spannend und reizvoll – herauszuheben sind Songs wie “Paris”, mit der extremlustigen Anfangssequenz, “Killing Me” und “Underbart”.
Ich bin gespannt was von dieser Band noch kommt, denn hier sind Leute am Werk, die das geworden sind, was sie werden sollten und gut können, innovative Musiker!
Wir hören “Klapp Klapp”!
(dennis klostermann)