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Tonspur

Tonspur vom 18.08.2014

Honig - It’s Not A Hummingbird, It’s Your Father’s Ghost - Honig. Njam. Woran denkt man da? Ich denke an Honigmilch, die mir immer zum Einschlafen geholfen hat. Vielleicht eine schöne Metapher in Verbindung mit Musik. Man kann sicher auch an fiese Bienen denken oder nette Bienen, je nach persönlicher Stichhistorie und Allergienbilanz, und ansonsten noch an Honigbrote und so weiter. Ich verbinde zumindest viel Weiches, Sanftes damit. Wenn man seine Band dann Honig nennt, ist zu vermuten, dass keine harte Musik dahinter steckt. Wenn doch, wäre es wiederum ganz schön clever. Nun ist es so, dass der Sänger von Honig einfach mal Stefan Honig heißt. Ganz ehrlich, wenn man so einen schönen Nachnamen hat, wieso da noch andere Bandnamen aus der Nase ziehen? Und tatsächlich war Stefan Honig vor der aktuellen Band schon bei ein paar Hardcore-Projekten tätig, er kann also auch brüllen. So ganz honigzart ist Stefan Honigs Stimme zum Glück sowieso nicht, sondern in den richtigen Momenten rau und kratzig.
Honig sind nach einem eher losen Kollektiv um Stefan Honig zu einer richtigen Band angewachsen und damit ist die neue Platte auch eher eine Bandplatte als eine Singer-Songwriter-Scheibe wie der Vorgänger. Die entdeckte ich damals wie so oft bei einem Konzert im schönen Erfurter Club Franz Mehlhose. „Empty Orchestra“ heißt sie, und das Booklet ist so schön, dass ich es mir als Poster übers Bett gehangen habe. Da ist eine alte, knorpelige Gitarre, aus der Wurzeln und Äste sprießen, auf denen es sich die Tiere des Waldes gemütlich machen. Tolle Songs gibt es auch darauf, recht folkig, und sie heißen so melancholisch wie „For Those Lost at Sea“ oder sind so schön wie „This Old House“. Untergekommen ist die Band beim putzigen Haldern Pop-Label vom Niederrhein, was ganz oft gleichbedeutend mit klein gehaltener, toller Musik ist.
Der Titel des Zweitwerkes von Honig ist ein wenig kryptisch: It’s Not A Hummingbird, It’s Your Father’s Ghost. Ein Hummingbird ist ein Kolibri, aber das macht mich jetzt auch nicht wirklich schlauer. Muss es aber auch gar nicht.
Vielleicht hört man dem Album an, dass es ein wenig größer produziert ist, mehr Instrumente, mehr Orchester und vielleicht noch ein wenig komplexere Songs. Vielleicht aber auch nicht, beide sind sie wunderschöne Folkalben und viel basiert auch weiterhin auf Gitarre, mit ein wenig Piano oder Bläsern. Ganz besonders freue ich mich darüber, dass es der „Golden Circle“ auf die neue Platte geschafft hat, der mich damals live so beglückte, dass ich mich immer noch an die Melodie erinnern kann, obwohl ich sie damals zum ersten Mal hörte. Das ausgiebige Touren der Musiker in den letzten Jahren hat übrigens direkt Einfluss genommen auf das neue Album, sodass das Reisen reflektiert wird. Insbesondere eine USA-Reise, die Stefan Honig als Kind mit seinen Eltern, Herrn und Frau Honig, unternahm, und an die er sich erinnerte. Unterwegs sein also als grobes Überthema und da passt Folkmusik ja sowieso immer gut.
Los geht es sehr reduziert mit „Leave Me Now“, fast nur durch Herrn Honigs Stimme getragen. „Dear Liar“ ist ein rundum schöner Folksong, genauso wie die knuffige Single „Lemon Law“. Einen elektronischen Hauch gibt es bei „A Boy“, aber nur ein wenig. „Overboard“ ist ein wunderbar melancholischer Song, der sich reizend steigert und einfach immer toller wird. An wen mich Honig im zarten „Peaches“ mit seinem „ohohoho…“-Gesang erinnern, will mir leider nicht einfallen. Einen Hidden Track gibt es auch, jedoch einen der weniger spektakulären Art. Eigentlich ist es eher ein gehauchter Abschluss des Albums denn ein Song. In den Augen des einen eventuell überflüssig, aber er rundet das Album mit „It all ends, it’s all well“ sicher sinnvoll ab. Ein sinnvoller Abschluss eines richtig guten Folkalbums, das nicht die Geschichte der Folkmusik oder der Musik an sich ändern wird oder auch nur zu neuen musikalischen Ufern aufbricht. Aber manchmal braucht es eben lediglich gute, kleine Musik, die man sich dann live ansehen und lieb haben kann. Am allerliebsten habe ich dabei immer noch den bereits erwähnten „Golden Circle“. Deshalb hier, für alle, zum Schwelgen: Honig mit „Golden Circle“.

(Laura Eigbrecht)

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