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Kommentar vom 19.08.2014

Hurra! Geschenke! - In sechs Jahren sollen Rentner in Ost- und Westdeutschland gleich viel Geld erhalten, sagt die Kanzlerin. Unglaublich. Schon 30 Jahre nach der Wiedervereinigung! Allerdings ist das an eine Bedingung geknüpft: Das geht nur mit einer von Merkel geführten Bundesregierung. Bis 2017 will die nämlich ein Gesetz beschließen, das den Fahrplan zur vollständigen Angleichung der Rentenwerte in Ost und West festschreibt. Derzeit bekommen Ost-Rentner 92 Prozent der Westrente. Allerdings nur in Bezug auf die so genennten Entgelt-Punkte. Wie sich die niedrigeren Gehälter auswirken, ist noch nicht klar. Darüber hinaus will Merkel, dass Ostdeutschland auch nach Ende des Solidarpakts 2019 besondere finanzielle Zuwendungen erhält. Der Grund sind immer noch bestehende Sonderbelastungen wie hohe Arbeitslosigkeit oder Strukturprobleme in allen neuen Bundesländern. Hm. Ich bin zwar keine Bundeskanzlerin, aber ich fände es logischer, die Strukturprobleme zu beseitigen, statt einen Ausgleich dafür zu zahlen. Merkels Parteifreund Kohl hatte damals blühende Landschaften im Osten versprochen. Keinem würde es schlechter gehen. Aber – da stand ja auch eine Wahl vor der Tür. Genau wie jetzt. Und – Merkel will die Zahlungen vom Verhalten der Bundesländer abhängig machen. Als Beispiel führt sie Länder an, die ein beitragsfreies Kita-Jahr anbieten.
Und solange man Geld aus dem Finanzausgleich bekommt, könne man sich das vielleicht nicht leisten, so die Kanzlerin. Was heißt das aber? Es gibt nur Zuschüsse, wenn das beitragsfreie Kita-Jahr abgeschafft wird? Das wäre ja wirklich der Hammer! Damit würde die Bundesregierung in einer Art und Weise in die Autonomie der Länder eingreifen, die man nur als Erpressung bezeichnen kann. „Ihr bekommt nur dann Geld, wenn ihr macht, was wir sagen“. Ich kann wirklich nicht glauben, dass wir schon so weit sind. Also – dass es faktisch so läuft, überrascht mich nicht. Aber dass eine Kanzlerin sich traut, das so offen auszusprechen – das schon. 2019 läuft der Solidarpakt aus. Es gibt im Osten jetzt sehr viele schöne Straßen. Gut – es gibt auch weniger Kita-Plätze als früher. Aber man kann jetzt besser und schneller fahren. Ist auch wichtig. Denn ein Großteil der Menschen muss ja pendeln zur Arbeit. Weil es ganze Regionen gibt, in denen sich beim besten Willen kein Job finden lässt. Es gibt Menschen, die waren zur Wende 25 Jahre alt, sehr gut ausgebildet und voller Enthusiasmus. Sie wollten ein ganz neues Leben anfangen. Und sie haben seitdem keinen Tag in einem normalen Arbeitsverhältnis zugebracht. Umschulungen, ABM's, 1-Euro-Jobs – sowas schon. Aber wie wirkt sich das auf die Rente aus? 2020, wenn die Versprechen der Kanzlerin wahr werden sollen, sind diese Menschen 56 Jahre alt. Vielleicht im Vor-Ruhestand oder in Alters-Teilzeit. Oder in Hartz IV. Wie sollen sie mit dieser Berufs-Biografie auf eine Rente kommen, die sich vergleichen lässt mit jemandem, der die ganze Zeit für 3000 Euro Brutto in einer Firma im Westen gearbeitet hat? Und wenn Frau Merkel jetzt die Rentenangleichung als Wahlgeschenk präsentiert, vergisst sie eins: Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass die vollständige Angleichung der Rentenwerte mit Auslaufen des Solidarpaktes Ende 2019 erreicht sein soll. Dieser Vertrag ist bindend für die Bundesregierung. Das heißt, sie kann nicht etwas versprechen, was schon vertraglich fixiert ist. Sondern es ist ihre Aufgabe, diese Regelung umzusetzen. Jetzt schränkt sie ein, dass es ja damals noch keinen Mindestlohn gab und dass erst geprüft werden muss, wie der sich auf die Rente auswirkt.
Wenn Merkels Regierung also ihre Aufgaben nicht erfüllt, ist der Minestlohn schuld? Wie schräg ist das denn? Am Ende bleibt von dem tollen Versprechen, die Renten nach 30 Jahren endlich anzugleichen, nicht viel übrig. Gerade in Zeiten vor Wahlen empfiehlt es sich also, nicht nur die Überschriften, sondern die ganzen Artikel zu lesen.
Übrigens, wie viel Rente Angela Merkel später bekommt, kann man noch nicht sagen. Das hängt davon ab, wie lange sie noch im Amt bleibt. Denn ihr Rentenanspruch erhöht sich mit jedem weiteren Regierungsjahr. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder dürfte allein aus seiner Arbeit als Kanzler etwa 5800 Euro monatlich bekommen. Und da Frau Merkel sicher erst nach 2020 in Rente geht, bekommt sie als Ostdeutsche dann ja die gleiche Rente. Hat sie ja versprochen.

(Grit Hasselmann)

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