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Kommentar

Kommentar vom 31.03.2009

Abgänge - Rücktritt ist in. Rick Wagoner, Fritz Schramma und nun sogar Hartmut Mehdorn. Ein Mann, bei dem sich bereits Auszubildende der Deutschen Bahn darauf eingerichtet hatten, dass er ihnen auch noch die Urkunde zum 25-jährigen Dienstjubiläum übersenden würde.
Die Hintergründe bei General Motors, der Stadt Köln und der Deutschen Bahn sind natürlich völlig unterschiedlich. Aber alle drei Führungspersonen litten am selben Problem: Selbstüberschätzung. Die mangelnde Bodenhaftung hat letztendlich zum Absturz geführt. Es nimmt nicht einmal wunder. Wem ständig die Tasche hinterher getragen, die Tür aufgehalten, die Nase gepudert und im engsten Umfeld nach dem Mund geredet wird, verliert irgendwann den Blick für die Realität. Nicht zwangsläufig, denn Selbstkritik und Distanz sind Charaktermerkmale. Man hat sie, oder man hat sie nicht.
Der freiwillige Abgang aller Drei war längst überfällig. Und es gibt noch viele, die ihnen folgen sollten. Das Kleben an Pöstchen und Posten ist ein Grundübel unserer Zeit. Nicht nur, dass in Politik ind Wirtschaft Führungspersonen an ihren jeweiligen Sesseln fest geschweisst sind. Sie verhindern auch permanent den Aufbau eines geeigneten Nachfolgers. Die Überzeugung, nur man selbst sei einzig Fähige, steht in krassem Gegensatz zu einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaftsordnung. Bei lauter „Ichs“ kann sich schwerlich ein „Wir“ entwickeln.
An das Wir-Gefühl und gemeinsame Lösungen wird übrigens immer erst dann appelliert, wenn der Karren im Dreck ist.
Insofern ist die Mahnung des Weimarer Redners Gerhard Baum aktueller denn je: Es muss ein Umdenken in unserer Gesellschaft stattfinden. Die uns allen gehörenden Güter Menschenrechte und Toleranz müssen gelebt und verteidigt werden. In einem Klima des Misstrauens und der Angst kann kein konstruktives Miteinander entstehen. Noch ist die Wirtschaftskrise mit all ihren Konsequenzen nicht bei uns angekommen. Im Jubiläumsjahr unserer ersten deutschen demokratischen Verfassung wird sich zeigen, wie belastbar unser Gemeinwesen in Krisenzeiten ist. Aber wenn die Moral schon nicht da ist, obwohl reichlich Fressen auf dem Tisch steht, könnte es schwierig werden. Wenn wir nicht umdenken.
Politiker und Manager aber sollte man des öfteren an einen Ausspruch von Georges Clemenceau erinnern:
"Die Friedhöfe dieser Welt sind voller Menschen, die sich für unersetzlich hielten."

(Michael Schlag)

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