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Kommentar

Kommentar vom 02.12.2014

Schwarzer oder Roter Freitag? - Dass im Wahlkampf schon mal die Fetzen fliegen, ist nichts Neues. Dass hin und wieder auch mal ein Schlag unter die Gürtellinie geht, daran haben wir uns gewöhnt. Aber was momentan hier in Thüringen abläuft, finde ich erschreckend. Eigentlich wird damit das gesamte System ad absurdum geführt. Die repräsentative Demokratie als Auslaufmodell? Schlammschlachten als legitimes Mittel der Politik? Davon fühle ich als Wählerin mich komplett vor den Kopf gestoßen. Und zwar von allen Beteiligten. Seit Wochen werden Ramelows „Vergehen“ ausgebuddelt. Von der Geschwindigkeits-Überschreitung bis zu Stasi-Vorwürfen war alles dabei. Jetzt ist Mohring dran. Eine anonyme Anzeige gegen ihn wird derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft. Heißt es. Der Vorwurf: Mohring habe seit mehr als zehn Jahren gegenüber der Landespartei überhöhte Mitgliederzahlen gemeldet. Abgesehen davon, dass mich das so sehr interessiert wie der Wasserstand des Ob – wer tut so etwas? Aufgrund der Anzeige geht man von einem Insider aus. Hm. Zerfleischen sich die CDU-Mitglieder jetzt schon gegenseitig? Nachdem Christine Lieberknecht verkündet hatte, dass es einen CDU Kandidaten gegen Ramelow geben wird am Freitag, will Angela Merkel das jetzt verbieten. Darf sie das überhaupt? Und wieso wird Mike Mohring jetzt angegriffen, bevor er überhaupt als Kandidat für den Job benannt ist? Und warum musste die CDU, um Mohring überhaupt als Kandidaten ins Gespräch zu bringen, Christine Lieberknecht so grob vom Sockel stoßen? Geht das nicht auch freundlicher? Dazu noch die verfassungsrechtliche Debatte. Wie viele Stimmen braucht Ramelow denn nun in einem möglichen dritten Wahlgang? Artikel 70 der Thüringer Landesverfassung legt fest, wie der Ministerpräsident gewählt wird. Danach, das ist unstrittig, braucht ein Bewerber in einem ersten oder zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten, um an die Spitze der Exekutive im Land zu kommen. Das Problem ist der dritte Wahlgang: Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger legte ein Gutachten vor, nach dem einem Einzelbewerber schon eine einzige JA-Stimme reichen würde, um Ministerpräsident zu werden. Auch wenn alle anderen dagegen sind. Das Argument: Bei einem dritten Wahlgang zählten nur die Ja-Stimmen. Das stehe im Einklang mit dem Geist der Verfassung, nach dem in Thüringen immer stabile Verhältnisse herrschen sollten. Die CDU sieht das anders: Nach ihrer Lesart der Verfassung müsste Ramelow die einfache Mehrheit erreichen. Und dann könnte ihn schon eine einzige Stimme von SPD, Linken oder Grünen scheitern lassen. Denn die Mehrheit der neuen Koalition ist sehr dünn. Aber was bedeutet das? Gibt es, sollte Ramelow zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt werden, eine Verfassungsklage? Oder Neuwahlen? Aber wer sollte sich denn dann zur Wahl stellen? Der Kampf um die Macht im Freistaat hat doch mittlerweile alle beschädigt. Über jeden möglichen Spitzenkandidaten jeder Fraktion wurden in den letzten Wochen irgendwelche Vorwürfe erhoben. Und wie es so ist mit Müll: ein bisschen bleibt immer kleben. Man sollte meinen, ein genialer Lobbyist hätte das Ganze inszeniert, um der AfD an die Macht zu helfen. Wenn alle anderen unwählbar werden und es dann zu Neuwahlen kommt, würden die Stimmen der AfD in den Himmel schießen. Bleibt noch eine dritte Option: Die CDU könnte einen parteipolitisch neutralen Kandidaten nominieren; jemanden, der über die Parteigrenzen hinweg Respekt und Vertrauen genießt. Allerdings ist das bei der letzten Wahl des Bundespräsidenten schon nicht so optimal gelungen. Aber egal, ob uns in Thüringen diese Woche ein schwarzer oder ein roter Freitag bevor steht – spannend wird die Wahl allemal und wer weiß, wann wir jemals wieder so viel Aufmerksamkeit bekommen!

(Grit Hasselmann)

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