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Kulturrückblick

Kulturrückblick vom 06.01.2015

Die Sprache der Kulturpolitik - Johannes Meinecke:
Kurz vor Weihnachten fand im Theater Erfurt ein Forum statt: „Kultur und Politik im Gespräch“.
Wolfgang Renner, du bist hingefahren und hast es dir angehört. Worüber spricht man denn in der Kulturpolitik in Thüringen?

Wolfgang Renner:
Tatsächlich, noch kurz vor den Weihnachtsfeiertagen fand dieses Forum statt
– außerdem am Tage 8 nach der Berufung von Thüringens neuem Staatskanzleichef und seiner neuen Staatssekretärin. Beide repräsentieren ja fortan, und gewissermaßen gemeinsam (wie sie betonten), die Kulturpolitik im Freistaat. Der Kulturrat Thüringen, ein Verband kultureller Fachverbände, hatte sie zum Gespräch eingeladen. Das war zwar etwas spät im Jahr, um ggf. noch wichtige Weichenstellungen herbeizuführen. Und es war ganz sicher viel zu zeitig, um auf wirklich belastbare Aussagen zur künftigen Kulturpolitik im Lande zu hoffen. Dennoch waren viele Kulturleute gekommen; der Theatersaal war voll. Es gibt da ja noch den Koalitionsvertrag; der in Sachen Kultur ziemlich vage bleibt. Sicher wollten manche nur mal die Neuen kennen lernen, viele aber waren auch gespannt, ob es da noch etwas ergänzend zu diesem Koalitionspapier zu sagen gibt...

Johannes Meinecke:
Und: Haben sich deren Erwartungen erfüllt? Oder war das Ganze dann nur eine nette Plauderstunde anstelle eines wegweisenden Gesprächs?

Wolfgang Renner:
Wie gesagt: 8 Tage waren die beiden erst im Amt... Sie kamen sympathisch daher, waren auch bemüht, den Anwesenden zu vermitteln, dass es einen neuen Kulturpolitikstil des Zuhörens und des Miteinanders geben soll – obwohl man die Leistungen des bisherigen Kulturministers Christoph Matschie ausdrücklich auch sehr gelobt hat. Ich will an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass es in Thüringens neuer Regierung kein Ministerium für die kulturellen Angelegenheiten mehr gibt. Das hat der Kulturrat sehr kritisch gesehen; und eine Abwertung der Kultur im Politikbetrieb befürchtet. Aber gerade diesen Eindruck versuchten beide Politiker öffentlich zu entkräften.
Wer aber sind die beiden, die unsere Kulturlandschaft fortan vertreten werden und befördern sollen. Die Kulturszene hierzulande kannte sie bisher nicht... Er, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, ist Sozialwissenschaftler und kommt aus Berlin. Von dort hat er wohl auch das neue Strukturmodell mitgebracht Außer Staatskanzlei und Kultur ist dann auch noch die Bundes- und die Europa-Politik seine Arbeitsgebiet. Und sie, Dr. Babette Winter, ist eigentlich Umweltpolitikerin, war zunächst in Brüssel und zuletzt im Thüringer Landwirtschaftsministerium tätig. Auch das sehen viele Kulturfachleute sehr kritisch, sie sorgen sich um die fachliche Kompetenz. Andererseits: Jeder Quereinstieg bietet ja auch die Chance, unvoreingenommen für frischen Wind zu sorgen. Und solcher täte Thüringens Kulturbetrieb auch wieder ganz gut.

Johannes Meinecke:
Also, Vorhang auf für die Neuen, und doch blieben alle Fragen offen... Über welche Fragen aber hätte man denn deiner Meinung nach sprechen sollen?

Wolfgang Renner:
Vielleicht war es zu diesem Zeitpunkt auch weniger das, was hätte besprochen werden können, als das, wie es bisher besprochen wurde, wichtig. Im Koalitionsvertrag zum Beispiel; dort nämlich blieb manches (wie gesagt) recht vage und daher erläuterungsbedürftig.
Da mag es vielleicht einen neuen Stil geben, aber eine wirkliche Veränderung zum Besseren ist doch nicht in Sicht. Das wissen die beiden Neuen auch. Und beschreiben es dann so: „Wir kämpfen für das Ziel, den Kultur-Etat auf bisheriger Höhe zu erhalten.“ Das wird dann zum Erfolg erklärt, weil es im Zusammenhang mit den künftig sinkenden Landeshaushalten tatsächlich bemerkenswert sein mag. Es klingt also toll, aber was bedeutet es wirklich? Wenn Personalkosten steigen und andere Nebenkosten permanent anwachsen, außerdem die großen Kultur-Institute finanziell gesichert sind (zunächst) per Vertrag, dann kann es letztlich doch nur weniger an kulturellen Projekten geben, und zwar dort, wo es keine Verpflichtung zur Mitfinanzierung gibt: Bei der kulturellen Bildung und Breitenkultur, bei Bibliotheken oder manchen Museen... Dort überall findet man solch ein Politikziel dann nicht mehr ganz so toll.

Johannes Meinecke:
Meinst du, es ist es politisches Kalkül, das Problematische immer schön zu reden?

Wolfgang Renner:
Wir nehmen so etwas mittlerweile schon als Normalität hin – leider -, weil es ja überall (und besonders in der Werbung) so geschieht. Auch der Kulturbetrieb ist davon längst betroffen. Also sollte man bei politischen Statements genau zuhören und hinsehen. Wenn da eine „Kultur des Zuhörens und Mitmachens“ deklariert wird, kann man auch vermuten, dass sich dahinter ein weiterer Rückzug aus der Kulturförderung verbirgt. Was im Papier eigentlich so vernünftig klingt, meint im Klartext vielleicht auch, dass künftig noch mehr Ehrenamt die professionellen Strukturen ersetzen soll. Und das wäre ja ein Irrweg, weil Ehrenamt immer nur Ergänzung, nicht Substanz sein kann und weil letztlich die Qualität der Angebote so nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
Oder nehmen wir solche Formulierungen, wie: Es soll ein Kulturfördergesetz geben, es ist gewünscht, dass mehr Lehrkräfte an den Musik- und Kunstschulen angestellt werden, man strebt an, dass die Bibliotheken sich mehr vernetzen usw. usf. Und alle Bestrebungen und Wünsche stehen dann auch unter einem Haushaltsvorbehalt , was wiederum bedeutet, dass alles auch wieder noch ganz anders werden kann... Darüber hätte vielleicht konkreter gesprochen werden können: Über Planungssicherheiten oder was mit manchen Aussagen tatsächlich gemeint ist...

Johannes Meinecke:
Das alles klingt irgendwie skeptisch...?

Wolfgang Renner:
Sagen wir: ernüchternd. Der Tiger, der im Wahlkampf zum großen Sprung ansetzte, landet schließlich wieder einmal als Bettvorleger...
Aber all das – das will ich ausdrücklich anmerken! – ist kein Problem eines neuen politischen Farbenspiels. Es ist dies eine Situation, die alle politischen Gruppierungen im Lande in gleicher Weise betroffen hätte.
Die Landeskulturpolitik möchte in dieser Legislatur ein Kulturfördergesetz auf den Weg bringen; es soll Transparenz, Verlässlichkeit und Planungssicherheit den Akteuren bringen. Wie es gelingen kann, blieb beim Forum noch offen.
Wünschen wir, dass es gelingen möge. Ich vermute aber, dass ein Gelingen nicht allein von der Kultursparte abhängen kann. Da muss wohl die Politik insgesamt darauf schauen, wie man Einnahmen für den Landeshaushalt erhöhen kann und nicht nur immer allein danach suchen, wo noch etwas mehr zu sparen geht...

Johannes Meinecke:
Zum Jahresende fand in Erfurt ein Forum „Kultur und Politik im Gespräch“ mit Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff und Staatssekretärin Babette Winter statt. Unser Kulturreporter hat sich dort umgehört und war doch nicht recht zufrieden über die bisherigen Aussagen zur Kulturpolitik im Lande.
Ziel der neuen Landesregierung ist es, die Kulturausgaben zu verstetigen. Wichtiger wäre es aber, sie weiterzuentwickeln, meint Wolfgang Renner.
Danke für das Gespräch...

(Wolfgang Renner)

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