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Kommentar

Kommentar vom 04.08.2009

Baut auf das Bauhaus! - Weimar hat schon ein leicht französisches Flair. Zumindest, was die Streitlust anbelangt. Bei der Streitkultur hapert es in der Kulturstadt allerdings noch ein wenig. Die Freude an der verbalen Auseinandersetzung, dem argumentativen Austausch liegt unseren westlichen Nachbarn im Blut. Sie haben Spaß an der Sprache und sind nicht gleich eingeschnappt, wenn jemand anderer Meinung ist.
In unserer Stadt wird auch gerne über alles mögliche disputiert, vorzugsweise, wenn es um Stadtplanung geht. Aber die französische Leichtigkeit und Finesse geht uns völlig ab. Fechtet man jenseits des Rheins mit Verve sprachliches Florett, greift man hier zu Lande eher zu Knüppel und Gummihammer.
Die Diskussion um den Standort des neuen Bauhaus-Museums, obwohl noch nicht in voller Schärfe entbrannt, lässt Übles ahnen. Schon hat man den Boden der Sachlichkeit verlassen, persönliche Befindlichkeiten, alte Wunden und Eitelkeiten bestimmen den Tenor.
Der Präsident der Klassik-Stiftung malt ein drohendes Debakel an die Wand, sollte der Stadtrat der Empfehlung des Stiftungsrates nicht folgen. Der rhetorische Graffiti-Sprayer aus dem Stadtschloss hat im Jahr der Demokratie offensichtlich Probleme mit derselben.
Denn über die Entwicklung ihrer Stadt haben die Bürger selbst zu entscheiden. Dafür haben sie einen Stadtrat gewählt und einen Oberbürgermeister. Wer im Stadtschloss sitzt, ist nicht mehr der Souverän. 1918 hat es da immerhin eine geringfügige Änderung gegeben.
Wenn sich jetzt wieder die Scharen der selbst ernannten Kulturbürger – Sie wissen schon, die mit der hohen Dünkelziffer – sammeln sollten, um den gewählten Volksvertretern ihr Mandat streitig zu machen und am liebsten die Diktatur der Klassik ausrufen würden, kann man den Weimarern nur empfehlen: Hört nicht auf sie.
Zu oft haben selbstsüchtige Klüngelkreise mit ihrer verbohrten Eitelkeit der Stadt geschadet. Schon einmal ist das avantgardistische Bauhaus aus Weimar vertrieben worden. Je seltsamere Blüten die Standort-Diskussion treibt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende nichts dabei heraus kommt. Dabei geraten die wichtigsten Fragen völlig in den Hintergrund:
Was soll denn eigentlich alles in dem neuen Museum ausgestellt werden?
Gibt es ein tragfähiges Konzept, dass Menschen aus aller Welt begeistern wird?
Rechtfertigt der Aufwand das zu erwartende Ergebnis?
Es beschleicht einen das unangenehme Gefühl, dass wieder einmal das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ aufgeführt wird. Nur: der kleine Junge hat noch nicht laut genug gerufen.
Ein direkter Weg führt vom Stadtschloss zum Luftschloss. Daher kann man dem Stadtrat nur den Rücken stärken. Die Devise muss lauten: Mit sachlichen Argumenten der Stadt Bestes zu suchen.

(Michael Schlag)

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