Kommentar
Kommentar vom 11.08.2009
Schalt dein Radio ein - Schalt dein Radio ein, so heißt es in einem Lied von Dalia Lavi. Ja, schalt dein Radio ein, das möchte man auch den Damen und Herren Stadträten Weimars mit auf den Weg geben, wenn diese morgen zu ihren zweiten Sitzung zusammenkommen. Und natürlich möchte unsereins diese Empfehlung für die gesamte Legislaturperiode und auch für darüber hinaus anbringen.
Warum?
Braucht Radio Lotte, oder braucht ein anderer Sender, unbedingt neue Hörer? Ist dieser Rat nur als origineller Werbegag gemeint?
Nein, beileibe nicht!
Nein, ich habe die Liedzeile von Dalia Lavi nur im übertragenen Sinne gewählt. Als Anregung für das Agieren im Stadtrat.
Was heißt denn Radio einschalten? In erster Linie doch wohl „zuhören wollen“... Wem aber zuhören? Anderen! Also, auch den Stadträten der anderen Fraktionen. Vor allem aber dem Bürger, dem Wähler.
Es sollte nicht angehen, daß Stadträte als Mitglieder eines Organs der kommunalen Selbstverwaltung unbedingt Bundestag oder gar Reichstag der Weimarer Republik spielen müssen.
Es ist doch kein Glanzlicht von Demokratie, wenn man nur seine eigenen wohlfeilen Sonntagsreden zu Kenntnis nimmt. Wenn man Beschlußanträge und Argumente nur deshalb ablehnt, weil sie vom politischen Gegner kommen. Wenn man sich in Themen verrennt, die den Bürger nicht die Bohne interessieren, sich selbst dabei noch vom hundertste ins tausendste hineinsteigert. Und damit letztlich nichts bewegt, sondern sogar möglicherweise noch Schaden für die Stadt und ihre Bürger anrichtet.
Die unselige Debatte um den Standort für das neue Bauhaus-Museum könnte sich genau in eine solche Richtung bewegen. Wobei hier nicht nur die Stadträte angesprochen sind, sondern auch alle anderen Entscheidungsträger in dieser Stadt.
Und was Argumente angeht... Die als Totschlag-Argument jetzt angeführten Altlasten beim Standort „Alte Minol-Tankstelle“... Na, dann, dann bietet sich doch jetzt genau die Chance, diese endlich zu beseitigen...
Schalt das Radio ein... Das heißt aber nicht nur zuhören und zuhören wollen. Das bedeutet nicht minder „miteinander reden“. Denn wie sieht es beim Rundfunk aus? Da redet man z.B. im Interview mit seinem Gegenüber. Da redet man nicht übereinander. Auch das sollten unsere Damen und Herren Stadträte beherzigen. Ja, alle Fraktionen sollten einander nicht nur zuhören, sondern bei den Sachfragen miteinander reden. Denn für Sachfragen ist doch schließlich die kommunale Vertretung zuständig. Und nicht für politische Grundsatz-Debatten...
Doch, einen Grundsatz sollte es schon geben: Das Wohl der Stadt und ihrer Bürger, heute und morgen, sollte im Mittelpunkt aller Debatten und Entscheidungen stehen, nicht das Parteibuch, auch nicht die kleinen persönlichen Eitelkeiten.
Ich habe dieses Thema ganz bewußt für den Vorabend der zweiten Stadtratssitzung gewählt, damit erste schlimme Anzeichen sich nicht zu einer unheilbaren Krankheit entwickeln mögen.
Denn ich habe ja noch Stimmen aus dem Radio im Ohr. Da sagte doch gleich nach der Wahl ein Fraktionsvorsitzender, daß es mit den Stadträten X und Y keine Gemeinsaamkeiten geben könne. Denn das wären „übelste Klassenkämpfer“. Der Mann meinte aber nicht den Vertreter der rechtsextremischen NPD. Oder ich denke an andere Stimmen aus dem Radio, die zum Ausdruck brachten, daß man sogar in der eigenen Fraktion nicht miteinander könne, daß diese möglicherweise auseinanderbreche. Und das allein wegen persönlicher Animositäten.
Nein, meine Damen und Herren aller Fraktionen, für solches Handeln haben Ihnen die Weimarer Bürger – bei deutlicher höherer Wahlbeteiligung – nicht das Mandat erteilt.
Wohl aber das Mandat, alle nur möglichen finanziellen Spielräume auszuschöpfen, die die große Politik den Kommunen noch läßt. Wetteifern Sie darum, wie man hier gemeinsam das beste für uns alle hier in Weimar herausholen kann. Seien Sie kreativ und hören Sie zu, ihren Mit-Stadträten und ganz besonders Ihren Wählern.
(Siegfried R. Krebs)