Bildarchiv
Bildarchiv vom 01.07.2015
Fatale Angelegenheit - Stell Dir vor, Du stehst im Goethepark. Und machst ein lustiges Foto mit Deinen Lieben vor dem berühmten Gartenhaus des Dichters. Bei prima Wetter und toller Stimmung.
Dann postest Du es via Facebook, Twitter und Instagramm. Dreifach generiert mehr Aufmerksamkeit. Es wird gelikt und viele Follower finden das supertoll.
Die Anwälte der Klassikstiftung Weimar allerdings nicht. Die könnten nach der neuen Regelung des EU – Parlaments zum Urheberrecht eine gepfefferte finanzielle Abmahnung an Dich schicken.
Wegen Verstoßes durch kommerzielle Nutzung deiner Freizeit – Fotografie. Denn soziale Netzwerke dürfen Deine hochgeladene Fotografie zu Werbezwecken nutzen. Nach deren AGBs, welche man bei der Anmeldung akzeptiert.
Berufsfotografen hätten selbstverständlich noch schlechtere Karten. Aufnahmen von Gebäuden und Denkmälern im öffentlichen Raum wären nur noch mit Genehmigung des Urhebers oder dessen gesetzlichen Vertreters erlaubt.
Kein Witz! Von simplen Straßenszenen vor historischen Hintergründen ganz zu schweigen.
Was in Zukunft praktisch und finanziell undurchführbar wäre. Dahin die Existenz.
Noch ist es nicht soweit.
Aber: Diese ausserordentlich rigide Neuregelung des Urheberrechts strebt das EU-Parlament in Strasbourg ganz real an.
Angestoßen wurde sie von der Vertreterin der Piratenpartei, Julia Reda. Sie ist Mitglied des EU-Parlaments. Eigentlich hatte sie es gut gemeint und eine europaweite Vereinheitlichung der sogenannten Panoramafreiheit vorgeschlagen.
Die erlaubt in den meisten Ländern der EU die freie Verwertung von Fotografien des öffentlich zugänglichen Raums. Inklusive historischer Gebäude und Kunstwerke. Sei es zu privaten oder kommerziellen Zwecken. Länder wie Großbritannien, Holland, Polen, Deutschland, Spanien Tschechien und andere garantieren das schon seit langem per Gesetz.
Ein Klassiker, der jedoch in anderen Ländern Europas strenger gehandhabt wird. Zum Beispiel Frankreich oder Italien. Da muss für diese Nutzung eine Genehmigung eingeholt werden. Zumindest Gesetzes – theoretisch.
Offensichtlich haben sich in Strasbourg vorerst Hardliner durchgesetzt und besagte überzogene Neuregelungen als Entwurf auf den parlamentarischen Weg gebracht.
Am 09. Juli soll nun darüber abgestimmt werden. Trotz europaweitem Protests. Fotografen und Agenturen bringen seitdem Unterschriften – Petitionen zur Rettung der Panoramafreiheit auf den Weg.
Denn wenn der Entwurf so beschlossen würde, wäre die Straßenfotografie erledigt. Ebenso die Reisefotografie, wie wir sie kennen.
Eine bizarre Situation. Bleibt zu hoffen, dass diese Angelegenheit ebenso scheitert wie frühere schräge Verordnungen. Doch besser als zu hoffen, ist die Unterzeichnung der Petition ans EU – Parlament.
Auf dem Netzwerk www.change.org/p/europäisches-parlament-retten-sie-die-panoramafreiheit kann man das tun. Empfohlen sei das allen. Unbedingt.
Und das ist leider kein Witz.
(Claus Bach)