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Tonspur

Tonspur vom 07.09.2015

Sea + Air - EVROPI - Manchmal wiederhole ich mich gerne, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Erst einmal erwähne ich gerne immer wieder den fabulösen Ort „Franz Mehlhose“ in Erfurt, wo ich nun vorgestellte Band 2013 erleben durfte, es war übrigens toll. Und dann wäre da noch der Fakt, dass die Band damals auch schon mit einer Tonspur bedacht wurde zu ihrem ersten Album „My Heart’s Sick Chord“. „Sea and Air“, sie und er, das ist übrigens genau wie damals immer noch ein etwas doofes Wortspiel. Man hörte Cembalo und den ziemlich duften Zwiegesang eines deutsch-griechischen Pärchens. Daran, dass eine solche Konstellation heutzutage anscheinend eine andere Brisanz zu haben scheint als damals, zeigt sich, dass sich keiner von uns wirklich wiederholen kann, weder die Band noch ich. Denn dass die Zeiten andere sind, zeigt auch der Name des Albums, EVROPI. Es geht um Europa, und irgendwie scheint dieses Anliegen heute dringlicher als damals.
Stellen wir noch mal vor: Daniel Benjamin, der schon vor diesem Bandprojekt musikalisch in Erscheinung getreten war, und seine Frau Eleni. Wer von beiden singt, ist nicht immer klar, denn ein faszinierendes Element von Sea + Air ist gerade, dass Daniel so hoch im Falsett trällern kann und Eleni so androgyn, dass alles herrlich durcheinander gerät. Dabei haben sie Instrumente dabei, die zu Unrecht in der Popmusik eher selten vertreten sind, wie die griechische Lyra. All das würde Sea + Air klangtechnisch schon aus der Masse heben, und dann schaffen sie es auch noch, mit ihren bloßen Stimmen ganz schaurige Dissonanzen zu erzeugen.
Europa also. Wenn zwar nicht alle Welt, aber zumindest Europa selbst zu fassen versucht, was Europa ist, wie soll ein Musikalbum das hinbekommen? Nun, zunächst hat Musik den Vorteil, über Assoziationen und Emotionen funktionieren zu können. Wenn Musik von Europa erzählt, hat das nichts Dogmatisches, Endgültiges. Und dann sind Eleni und Daniel mehr gereist als viele, die sonst so über Europa sprechen. Sie haben dabei die Menschen getroffen, in der Ukraine, in Portugal, die hinter dem stecken, was bei uns oft nur Krise heißt. Dass sie dann eben ein griechisch-deutsches Ehepaar sind, ist nur ein Aspekt von vielen, der letztendlich zu diesem Album führte.
Die Band bezeichnet ihre Musik selbst als „Ghost Pop“. Geisterhafte Stellen gibt es schon, aber da sind auch schöne Popperlen wie „Should I Care“ sowie „Peace Begins At Home“, Grooviges wie „Follow Me Me Me“, Treibendes wie „Misery“ und fast unerträglich Avantgardistisches Quietschiges wie „Flowers From The Distance“. „Pain Is Just A Cloud“ ist dann wohl tatsächlich Ghost Pop.
Einfach ist dieses Album nicht. Es kann einen ein wenig verwirren in seiner Vielfalt und ehrlich gesagt bin ich bisher so beschäftigt mit der Musik gewesen, dass ich noch gar nicht so richtig auf die Texte achten konnte - Themen wie Liebe, Verständnis und Frieden und natürlich Europa sollen da vorkommen. Ein bisschen anstrengend, viel Input, sehr faszinierend. Man wäre verleitet zu sagen: So wie Europa! Aber solch platte Metaphorik hat das Album gar nicht verdient. Dem geneigten Radiohörer sei gesagt: Anhören und sich drauf Einlassen lohnt. Tut es ja sowieso immer. Wir hören aber eine der weniger anstrengenden Nummern vom Album „EVROPI“: Sea + Air mit „Peace Begins At Home“.

(Laura Eigbrecht)

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