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Buchrezension

Buchrezension vom 02.12.2015

"Affentanz!" - von André Bergelt - eine Buchrezesnion von Shanghai Drenger

Wenn auf einem Buchcover in fetten Lettern das Wort „Affentanz!“ prangt und vom selbigen Cover der halbnackte Hintern einer Tänzerin mit offensichtlicher Schlagseite, nun ja, leuchtet, dann kann man das mit Recht als Eye-Catcher bezeichnen. Als Hingucker. Ein bisschen nach schmuddeligem Boulevardblatt aussehend a la „die Promitante beim Absturz in der Partyhöhle“ oder so ähnlich, ein bisschen auch nach gelegentlich erlebten Backstage-Partys nach wüsten Punkrock-Abenden. Also, vielleicht doch ganz interessant? Mal schauen was drin ist!

Andé Bergelt ist ein Autor aus Thüringen, jedenfalls ist er hier aufgewachsen, hat in Erfurt sein Abitur gemacht und lebt nun in Berlin, dort, wo er auch geboren wurde. Und genau dort spielt dieser Roman, in der Hauptstadt, genauer: in der Partyhauptstadt, denn es geht um Party, um Party feiern, um Party veranstalten und um – nun ja, zu mehr kommt es in dieser Geschichte im größten Teil nicht wirklich. Alles andere, also, was nicht Party ist, ist Pläne schmieden und Vorhaben kreieren, also Pläne schmieden und ein bisschen träumen, was man so tun könnte irgendwann, also Pläne schmieden.

Der etwas verpeilte Held dieser Geschichte, ein selbsternannter Kreativer, der auf dem besten Wege dahin ist, ein berühmter Berliner Video- und Klangkünstler zu werden, träumt davon eines Tages oder besser eines Nachts im szenemäßig absolut angesagten Berliner Club „ZOO“ eine Vorstellung geben zu dürfen. Der Club ist das Nonplusultra des Nachtlebens, alle Welt trifft sich hier und wer hier auflegen darf, ist der König – definitiv. Demzufolge ordnet der Held der Geschichte alles seinem Erfolg unter, wenn da nicht – ja, wenn da nicht seine Freunde, der Geldmangel, die Ex-Freundin, die Drogen und was nicht noch alles wären, was sich nicht so ohne weiteres unterordnen lässt.

Doch hin und wieder gibt es Lichtblicke. So auch, als er beim Verkaufen echter Thüringer Bratwürste – vom tragbaren Gasgrill – Berlin eben, ein altes Mütterchen mit einem Mengenrabatt glücklich macht und diese ihm, sozusagen als Gegenleistung, ein Amulett mit einem Affen drauf vermacht. Sein Glücksbringer – sagt sie, sein persönlicher Couch – sagt er, und stellt fest, der Affe hat eigentlich immer ganz brauchbare Ideen. Und so tankt sich der Held von Tag zu Tag durch, arbeitet angespannt an seiner Karriere, geht einen leicht mephistophelischen Handel mit seiner Ex-Freundin aus Australien ein – was heißt, er arbeitet konzentriert, strebsam und zielorientiert an seinem Projekt, er verzichtet auf Partys, Drogen, Alkohol zur Sinnesbetäubung und Sex und sie ist im Gegenzug bereit, seine Muse zu sein. So sieht er das zumindest und sie meint es sogar ernst damit, und obendrein bekommt sie über ein Stipendium die Kohle für ein Atelier, welches er mit nutzen kann. Wenn das nichts ist!

Wir lernen in „Affentanz!“ eine Vielzahl umgänglicher Berlin-Typen kennen, das heißt, wer ohne Menschenscheu durch die Partyhauptstadt wandelt, kennt sie bereits, wir bekommen sie vielmehr aufs Neue vorgeführt – und können uns tatsächlich wie Bolle über sie amüsieren, denn sie sind allesamt so schön verschroben und beknackt, dass es eine Freude ist – und dabei sind sie so herzlich und aufrecht wie sonst niemand.
Und was uns Leserschaft hier in Thüringen angeht und wir uns fragen, was hat dieser ganze Berlin-Rummel mit uns zu tun, solche Partys gibt es hier nicht ansatzweise, solche Locations ebensowenig, so sei angemerkt, der schräge Held dieser Geschichte lebte nicht immer in der Hauptstadt, nein sein Elternhaus steht, na, wohl, richtig, hier in Weimar. Und hin und wieder, meist wenn er völlig am überdrehen ist, bestellen seine besten Freunde größere Posten der guten Wurst bei ihm und er muss nach Thüringen reisen, um die zu organisieren und bei der Gelegenheit mit seiner kranken Mutter einen gemütlichen provinziellen Plausch zu pflegen.

Somit wäre also dem hiesigen Lokalgeist gehuldigt und eine Thüringer Leserschaft dürfte nicht uninteressiert sein. Und, by the way, gibt es hier nicht auch unzählige künftige, erfolgshungrige, unerkannte Klang- und Videokünstler? Mir war doch so.
Also gleich nach der Uni: Abmarsch ins Literaturgeschäft!

André Bergelts Roman „Affentanz!“, erschienen im Mitteldeutschen Verlag. Das Buch ist 300 Seiten dick und kostet im Handel 12, 95 Euro.

(Shanghai Drenger)

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