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Kulturrückblick

Kulturrückblick vom 04.01.2016

Fehlende Kulturkonzepte fürs neue Jahr - Anmoderation:
Ein neues Jahr, ein neuer Kulturreport... Die Böller sind verraucht, und der Silvesterpunsch ist alle.
Zeit also, sich nach den Festen wieder dem kulturpolitischen Alltag zuzuwenden.
Und das tut jetzt Wolfgang Renner, wenn er über kulturelle Visionen für Weimar nachdenkt...


Beitrag:

Auf ein Neues, liebe Hörer.
Das ist der erste Kulturreport im neuen Jahr und ich wünsche allen Zuhörern Gesundheit, Glück, spannende Kulturereignisse, Schaffenskraft und alles, was man sich sonst noch so zum Jahreswechsel wünscht.
Also starten wir durch. Nur; wohin?

Ein neues Jahr beginnt oft mit guten Vorsätzen, Plänen und natürlich mit Wünschen, obwohl wir aufgeklärten Menschen doch längst wissen, dass die Zeiten, da das Wünschen noch geholfen hat, ja längst vergangen sind.
Uns aber fehlen die Visionen. Und gerade für die Kulturarbeit könnten wir sie so gut gebrauchen...

Zwar meinte der kürzlich verstorbene Staatsmann Helmut Schmidt, wer Visionen hat, der solle zum Arzt gehen.
Ein Satz, den ich ihm – bei aller Hochachtung vor seiner der Leistung – noch immer übel nehme. Denn ohne Visionen – also ohne längerfristige Zielsetzungen und Strategien - bleiben wir orientierungslos.

Im Kulturbereich gibt es dafür zum Beispiel die Kulturentwicklungskonzepte. Weimar hat kein Konzept, und will auch keins haben; es hindert nach Meinung der Stadtspitze die freie Gestaltung. Und das wiederum kann man gut verstehen, wenn man davon ausgeht, dass bei den Debatten im Vorfeld ein guter Ansatz wieder einmal ergebnislos zerredet werden würde…

Wenn es denn genug Geld und Aufmerksamkeit für alle kulturellen Interessen gäbe, dann brauchte man tatsächlich kein solches Konzept. So aber muss man sich doch konzentrieren, und Schwerpunkte setzen.
Weimar hat da ja eine Menge an offenen „Baustellen“ im Kulturbereich und viele Fragen, die seit langem unbeantwortet sind:
Bleibt das Theater in seiner Struktur bestehen? Wie wirkt sich die Gebietsreform auf die Kulturförderung aus? Welchen Weg wird künftig die Klassikstiftung gehen, und geht sie ihn dann auch mit der Stadt gemeinsam? Werden Tarifsteigerungen, die man für die Kulturinstitutionen plant, letztlich die Vergütungen für die freie Kulturszene verringern? Und was wird mit dem Kunstfest?
Oder: Wie geht es weiter mit dem „mon ami“? Bekommt die Musikschule neue Lehrer und die Stadtbibliothek genug Geld für Buchankäufe. Hat die Volkshochschule das richtige Profil? Erhält Weimar noch ein Haus der Demokratie oder eine die Bach-Memorialstätte?

Eine nahezu endlose Liste solcherart Fragen ließe sich da noch aufzählen. Antworten dafür gibt es weniger...

Noch schwieriger wird es, wenn man übers Große und Ganze reflektiert und über die einzelnen Einrichtungen hinaus denkt: Welche Bedeutung hat denn Weimars Kultur in der Welt? Hat es überhaupt noch eine Bedeutung? Ist es nach wie vor der Symbolort deutscher Kultur? Und könnte oder sollte oder müsste Weimar eine Festivalstadt von europäischen Rang werden? Potenziale dafür wären wohl vorhanden. Einen Geist dafür aber erkennt man noch nicht. Es gibt keine großen kulturellen Entwürfe...

Eine erste Festspielidee für Weimar hatten bereits Großherzog Carl Alexander und Franz Liszt. Ihre Devise: Weimar soll aus der Vergangenheit für die Gegenwart schöpfen, um in die Zukunft zu wirken.
Und das wäre eigentlich auch heute noch so gültig!
Wenn in vier Monaten in Weimar die große Landesausstellung eröffnet wird, zeigt sie uns vielleicht, dass die Ernestiner Fürsten – trotz finanzieller Nöte – die Kultur im Lande immer gefördert haben. Das taten sie aber nicht allein der Kunst und Kultur zuliebe; ihre Förderungen hatten immer auch einen politischen Zweck: Herzogin Anna Amalia tat es, um Aufklärung in den Absolutismus zu tragen, Herzog Carl August, um eine größere Bedeutung für sein kleines Weimarer Fürstentum zu erlangen, und Großherzog Carl Alexander, um einen Symbolort deutscher Kultur im Zuge der Deutschen Reichsgründung zu schaffen.

Welche Ziele aber verfolgen wir heute? Welchen Wert gibt man jetzt der Kulturarbeit?
Wird sie nur messbar in touristischen Zahlen, dient sie zuvorderst der Zerstreuung oder gilt auch ein immaterieller, kaum messbarer Wert einer Volksbildung? Ist Kulturpolitik heute allein die Gestaltung von Kulturverwaltungsstrukturen, Stellenplänen oder Fördermittelvergaben – oder hat sie noch weitere Aufgaben und Ziele?

Fragen über Fragen. Und weil wir kein rechtes Konzept für mögliche Antworten haben, können wir sie auch nur selten, vor allem nicht gültig genug, beantworten. Und also bleibt für unseren Tatendrang beim Start ins neue Jahr zwar mancher Wunsch, aber kaum eine Wegmarke – und am Ende dieses Jahres werden wir dann sehen, ob sich die eine oder andere Frage vielleicht schon irgendwie geklärt haben wird.


Abmoderation:
Soweit Wolfgang Renner... Sein erster Kulturreport im neuen Jahr begann mit vielen Fragen. Wir werden sehen, welche davon im Jahr 2016 noch beantwortet werden ...

(Wolfgang Renner)

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