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Tonspur

Tonspur vom 26.01.2016

Grimes - Art Angels -


Früher war alles irgendwie einfacher, alles war klar umrandet und abgegrenzt, da gab es den Underground und den Mainstream, es gab Pop, Rock, Metal und Independent. Letzteres war das Synonym für unangepaßte Musik, die versucht neue Wege zu gehen. Ein Garant für Qualität innerhalb des Genre war (und ist) das Label 4AD, das ich hier schon häufiger erwähnt habe. Namen wie Dead Can Dance, Pixies, The Breeders, Bauhaus, This Mortal Coil, Lush, The Wolfgang Press machten das Label gross und sicherlich auch anders rum. Man konnte in den Plattenladen gehen und sich die Neuerscheinung heraussuchen, so sie einem sowieso in die Hände fielen, da sie ein herausragendes und häufig kopiertes Layout hatten, das alles aussagte, für was das Independentherz schlug. Auch heute noch fast 30 Jahre später ist es ein besonderes Label und es ist nach wie vor spannend sich die gesingten Bands anzuhören. Man siehe das neue Daughter Album und eben das neue Grimes Album, das sich Art Angels nennt. Die Klangwelt der Claire Elise Boucher aka Grimes ist eine wundersame, bunte. Und sie hat vor dem großen, vermeintlich bösen Mainstream keine Angst. Ganz im Gegenteil.
Genau deshalb soll man der Platte wohl auch sofort anmerken, dass Grimes mit VISIONS nicht als Glückstreffer dastehen will. Sie hat sich Zeit gelassen, groß auszuholen, hat rumprobiert, Ideen teilweise wieder verworfen, zudem gelernt Gitarre und Geige zu spielen. Was ART ANGELS im Gegensatz zum Vorgänger noch viel offener, experimentierfreudiger und auch selbstbewusster klingen lässt.

„laughing and not being normal“ ist der beinah „lachhaft normale“ Streichquartett-plus-Piano-Einstieg für das Album, gefolgt von der sommerlichen Popnummer „California“, einer kleinen Ode an die verspiegelte Oberflächlichkeit ihrer neuen Wahlheimat. Wem das zu sehr nach Madonna klingt und konventionell erscheint, wird sofort danach abgeholt für den nächsten Genre-Ritt: auf „Scream“ singschreit sich die taiwanesische Musikerin Aristophanes, die Grimes im Internet entdeckt hat, in ihrer Landessprache zu einem unaufgeregten Beat durch zweieinhalb Minuten Stakkatorap.

Diesen anspruchsvollen Brüchen (und den etwas sich dahinschleppenden, hochgepitchten Stücken wie „Pin“ und „World Princess Part II“) stehen trotzdem tipptopp Momente üppigen Pops gegenüber: die Single „Flesh Without Blood“ schrammt haarscharf genug an reinventing Kelly Clarkson vorbei, um als großartig durchzugehen. „Realiti“ und besonders „Kill V. Maim“ haben große, melodiöse Hooks, mit denen man ein Stadiumspublikum unterhalten könnte.

Ein „klassischer Grimes“ ist nun weitaus mehr geworden, als blanke Melancholie und bunte Haare. Und wenn es nur das ist, dass Art Angels als Botschaft zu transportieren vermag, sind nun der Künstlerin Tür und Tor geöffnet sich auch als Produzentin für weitere Künstler ins Zeug zu legen. Die Titel werden nicht jedem Gefallen; aber warum sollten sie auch: „she’ll never be your dream girl.“
Dass das alles Pop sei, will Grimes nicht hören - es sei ohnehin unmöglich, sie in ein Genre zu stecken, auch wenn man das stets versuchen würde, meinte sie im Zuge der Veröffentlichung. Recht hat sie. Grimes hat ein Universum an Musik kanalisiert, sich zu eigen gemacht. Ihre Klangschaften bersten vor Details, ihre Songs changieren zwischen Mystik, Obskurität und absoluter Eingängigkeit. Diese meilenweite Öffnung auf "Art Angels" war nach "Visions" der nächste logische Schritt für Grimes. Sie ist ihn konsequent und bravourös gegangen.

Das schwierige Album, nach dem grossen Erfolg hat sie abgeliefert und hat für mich noch einen draufgesetzt, erwachsener und vielschichtiger ist sie geworden, ein beispiel hierfür ist “Pin” was wir jetzt hören!

(dennnis klostermann)

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