Kulturrückblick
Kulturrückblick vom 18.04.2016
Theaterstart in der Redoute - Anmoderation:
Am Wochenende gab es wieder mal zwei Theaterpremieren am DNT – allerdings nicht im DNT: Denn Künstler und Gewerke sind umgezogen in die „Redoute“, an den Nordrand der Stadt. Und in den nächsten Monaten spielt das Theater dort. Mit William Shakespeares „Sommernachtstraum“ am Sonnabend und Frederic Loewes „My fair lady“ am Sonntag gab es die ersten Inszenierungen auf der neuen Bühne.
Wolfgang Renner war bei beiden Vorführungen dabei...
Ein großes Loblied auf das Theater – das ist der „Sommernachtstraum“ von William Shakespeare. Voller Verwirrung, voller Spielspaß und Geist kommt das Stück daher...
Premiere war am Sonnabend – der erste Abend in der Redoute; man war mit Umzug und Theaterfest dorthin gezogen, weil im Hause am Theaterplatz gebaut wird. Und man spielt den Sommer über nun dort oben, da draußen, am Rande der Stadt. „Eine Meile vor der Stadt im Wald – dort warte ich auf dich“, lässt Shakespeare den Lysander im „Sommernachtstraum“ sagen. Und Intendant Hasko Weber ließ eben diesen Spruch auch an die Wand in der Redoute schreiben: „Eine Meile vor der Stadt im Wald – dort warte ich auf dich.“
Ach, wenn doch viele Menschen überall in der Welt jeden Abend ins Theater gingen, die Welt wäre besser, weil dann keiner mehr Zeit hätte zu twittern, etwas zu liken oder über etwas zu streiten. Daüber reflektierte humorvoll auch der schauspielernde Laie Flaut in der Aufführung. Und das Premierenpublikum, das vielleicht sogar solcher Gründe wegen gekommen war, erlebte man als neugierig, gespannt und erwartungsfroh darüber, wie es wohl werden wird – da draußen in der Redoute und wie es wohl werden wird mit dem Theater überhaupt, abseits seiner gewöhnlichen Spielstätte...
Wenn man Shakespeare außerhalb von Stratford spielt, dann gehört er unbedingt auch auf die Bühne nach Weimar.
Und welch herrliche Aufführungen vom „Sommernachtstraum“ hat es hier doch schon gegeben – ich denke da zum Beispiel auch an Leander Hausmanns Inszenierung vor ein paar Jahrezhnten. Das ist Weimarer Theatergeschichte. Und jede neue Inszenierung dieses Stückes wird sich wohl auch mit den Erinnerungen daran messen lassen müssen...
Shakespeares „Sommernachtstraum“ ist zudem ein trefflicher Einstieg in die neue Spielstätte. All das Chaos in den Handlungen – mit all den Verwechslungen, dem Zauber und Spuk, den unwirklichen, aber real scheinenden Welten, all den Irrlichtern, Nebel-Rauch und Rausch, in welche verwirrte und liebestolle Menschen geraten, die Absurdität und auch Brutalität der Möglichkeiten – all das gibt es ganz besonders bei Shakespeare, und eben im Theater – komödiantisch und tragisch und in verschiedenen Handlungssträngen zugleich präsent: Eine Laientheatertruppe probt ein Stück für die Aufführung zur Hochzeit eines Regenten, während dessen im Elfenreich Oberon (Sebastian Kowski) mithilfe des Clowns Puck (Fridolin Sandmeyer) der Titania (Nadja Robinè) einen Streich spielen will und verwirrte Liebespaare da hinein geraten, sich nicht finden, und wiederum doch...
All das fließt ineinander. Und als genüge das allein nicht, sitzt vor einer Theater-Textprobe mit den Schauspielern auch noch Intendant Hasko Weber mit am Tisch und hält dann (gewissermaßen als weitere Handlungsebene) eine Dankesrede an Planer, Stadtpolitiker, Handwerker und Theaterleute, weil solch lückenlose Spielplangestaltung zwischen Baumaßnahmen, Proben und Umzug möglich gewesen ist. Das hat alle gefordert, und das DNT hat die Würdigung dieser Meisterleistung ins Theaterspiel integriert – ein ganz spezieller „Sommernachtstraum“ und gewissermaßen eine Feier des Theaters an sich...
Dass der neue „Sommernachtstraum“ vom Publikum am Ende mit sehr viel Beifall bedacht wurde, lag aber wohl zuallererst auch an der Einrichtung des Stücks (Regie Jan Neumann) und an der Spielfreude aller Akteure – manche Rollen und Szenen ließen es zu, dass – wie man so sagt – die Spieler „die Sau rauslassen“ konnten und herrlich agieren durften. Ein amüsanter Theaterspaß – ein Spektakel – ist dieser „Sommernachtstraum“ geworden, und er mag wirklich noch viele Zuschauer in die Redoute, da draußen am Stadtrand, locken und begeistern.
Und gleich am Abend danach gab es noch mehr Beifall, standing ovations eines begeisterten Publikums, für „My fair lady“. Unterhaltung mit Lebensweisheit und moralischem Tiefgang – George Bernard Shaws „Pygmalion“ ist ja Grundlage für dieses Musical. Große Szenen, viel Kostüm, bewegliche Bühnenbilder aus Pappe, „evergreene“ Hits der Sänger – wenngleich nicht unter besten akustischen Voraussetzungen vorgetragen – herrlich spaßige, dann wieder anrührende Momente. Vortreffliche Sänger – wie zum Beispiel Heike Porstein, Uwe Primus-Schenker oder Sebastian Campione – und vortreffliche Schauspieler – wie Elke Wieditz und Bernd Lange – mit großem Chor-Einsatz und der kompletten Staatskapelle – allesamt vereint für ein ganz großes Wohlfühl-Theater. (Regie Anthony Pilavachi, musikalische Leitung Martin Hoff)
Dabei hat „My fair lady“ ja eigentlich gar kein Happy end – begeistert aber eben doch. Und so wird der Weimarer sein Sommertheater im Ausweichquartier, in der Redoute, da draußen vor der Stadt gern akzeptieren, gar lieben lernen. Dem Beginn jedenfalls schon gebührt ein großes Loblied – auf das lückenlose Programm, auf die herrlichen und spaßigen Spektakel-Inszenierungen und auf das Theater überhaupt...
Abmoderation:
Für die neue Spielstätte und für das Theater an sich also „standing ovations“ auch von Wolfgang Renner. Mit einem „Sommernachtstraum“ und mit „My fair lady“ startete am Wochenende der Spielbetrieb in der „Redoute“.
(Wolfgang Renner)