Hörbuchrezension
Hörbuchrezension vom 14.06.2016
Er ist wieder da - Ich mag dieses Geschnarre einfach nicht mehr hören!
So kurz und einfach könnte ich es mir machen, wenn ich das Hörbuch von Timur Vermes „Er ist wieder da“ beschreiben soll, was ich ja soll, bzw. möchte. Aber ein wenig weiter muss ich da doch ausholen.
Zunächst ist da diese Fiktion, was wäre wenn? … Es ist eine interessante Vorstellung, der Hitler erscheint so ganz aus dem Nichts, liegt plötzlich auf einer Berliner wiese herum und weiß selber nicht, wie und was Sache ist. Plötzlich ist er wieder da und muss erstmal herausfinden wo er sich befindet, sowohl geographisch als auch gesellschaftlich betrachtet. Und da er ja praktisch gar nicht da sein kann, es aber ist, was ihm niemand glauben mag, birgt das so seine Tücken.
Bis hierhin ist dieses Buch und Hörbuch tatsächlich noch lustig und man mag sich angesichts der
Unbedarftheit des Hitlers noch den einen oder anderen Lacher abringen. Bald aber schon fängt die Sache an zu kippen, denn allzu unverhohlen breitet der Hitler seine Weltsicht aus, gleicht sie mit den gegebenen realpolitischen Umständen im Lande ab, kritisiert an einzelnen Parteien und/oder Politikern herum und sickert mit seinen Inhalten gut konsumierbar in die Hirne der Kulturbürger, sprich Leser, respektive Hörer.
Ficht uns alles nicht an, werden die meisten sagen, wir wissen, dass Hitler ein Verbrecher war und sind gebildet genug, ihm nicht auf den Leim zu gehen. Doch bei näherer Betrachtung, man glaubt es kaum, ähneln die Phrasen des Hitler, zunehmend jenen der allgegenwärtigen Politikschelte sämtlicher Comedie- und Satirekanäle. Und so verwundert es auch nicht, dass der Hitler, also die Romanfigur, selbstverständlich schnell für die Comedie im Deutschen Fernsehen angeheuert wird, ein Quotentreiber ohnegleichen.
An dieser Stelle berühren sich Fiktion und Realität sehr empfindlich, sowohl die Romanfiguren, die dem Hitler allesamt nicht gewachsen scheinen, sprechen allesamt nur vom „Führer“, als auch bald viele derjenigen Konsumenten, die diesen Roman so unwahrscheinlich witzig finden. „Der Führer“ heißt es dann, „sehr genial, wie er die Heinis von der NPD niedermacht“. Ja, das mag sein, der Halbsatz „... wenn der Führer das wüsste, ...“ ist schon lange ein gängiges Satireanhängsel. Schon lange vor AFD, PEGIDA und Co hat das funktioniert, doch die Medienwelt und die Art und Weise Medien zu verstehen und zu konsumieren hat sich seit einiger Zeit grundlegend gewandelt. Nicht nur die Heinis von der NPD bekommen ihr Fett weg, sondern auch sämtliche demokratische Einrichtungen, bei Parteien angefangen über Gewerkschaften bis hin zu engagierten Bürgerinitiativen. Man höre den Neupatrioten der Gegenwart einmal gewissenhaft zu, und man wird schnell feststellen, irgendwie klingt das alles ähnlich, manchmal sogar gleich. Das finde ich bedenklich.
Wozu brauch es also solch einer seltsamen Satire? Ja, alles ist erlaubt, bis sich der Hitler tatsächlich materialisiert, was, wenn wir alle gut sind, sobald nicht stattfinden wird, hoffe ich.
Man darf auch ehrlichen Herzens mal darüber nachdenken, was wäre wenn … und auch darüber herzlich lachen, doch dann ist es auch gut damit.
Ein stilles Buch hätte meiner Ansicht nach all diese Voraussetzungen erfüllt. Man liest, man fantasiert sich das so zusammen und macht sich so seine Gedanken darüber.
Ein sprechendes Buch aber, ein Hörbuch mit einer Hitlerpersiflage, eröffnet diesbezüglich ganz andere Dimensionen.
Den Film, der ebenso wie Buch und Hörbuch gut ankommt in Deutschland, möchte ich jetzt gar nicht vertiefen. Die Hitler-Nummer ist halt ein Kassenschlager. Das lässt sich nicht abstreiten. Über die Gründe dürfen wir alle mal tief nachdenken.
Wenig witzig ist auch der Preis des Hörbuches: 19,33 Euro. Schau an! Vielleicht hat sich der Lubbe-Verlag nicht getraut 18 Euro zu verlangen oder gleich 88 für das Gesamtpaket, bestehend aus DVD, Hörbuch und Buch.
Ich jedenfalls werde dieses Hörbuch nicht weiter verschenken, ich werde es nicht empfehlen und ich werde es sicher auch kein zweites mal hören. Ich kann dieses Geschnarre – auch als Spaß – nicht mehr hören.
(Shanghai Drenger)