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Hörbuchrezension

Hörbuchrezension vom 06.11.2007

Marina Lewycka: Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch - Es ist ein ungewöhnlich klingender Titel, den dieses Hörspiel trägt. Wird hier ein technisches Wunderwerk hörspieltechnisch aufgearbeitet? Nein; keineswegs. Marina Lewyckas Romanbearbeitung ist ein Stück Lebensgeschichte, handelnd im England der Gegenwart, es ist ein Stück Lebensgeschichte von Einwanderern aus der Ukraine und es ist vor allem jener Teil der Lebensgeschichte, die diese selbst an ihre Vergangenheit und an ihre Wurzeln erinnert.

Der 84-jährige Vater der liberal eingestellten Nadeshda und der eher konservativ orientierten Vera, beides erwachsene im Königreich aufgewachsene Einwanderertöchter, heiratet zwei Jahre nach dem Tod der Mutter erneut. Diesmal ist es eine 36-jährige wasserstoffblonde großbusige Ukrainerin namens Valentina.

"Wie eine flauschige rosa Granate schoss sie in unser Leben, wirbelte trübes Wasser auf, brachte den ganzehn Morast längst versunkener Erinnerungen wieder an die Oberfläche ..." heißt es im gleichnamigen Roman Marina Lewyckas, welche selbst aus einer ukrainischen Familie stammend, 1946 in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren wurde und von dort mit ihren Eltern auf die Insel gelangte.

Ein Stück Autobiografie vielleicht? Schon möglich, aber nebensächlich.

Die Geschichte ist bizarr, zum Teil auch trashig und wirbelt tatsächlich Versunkenes, Festgesetztes auf. Der Roman wie auch dieses Stück ist ein Angriff auf verschlafene liberale Überzeugungen; es wird munter gespielt mit der Multikulti-Gesellschaft, indem es aufzeigt, dass schwierige Menschen überall auf der Welt vorhanden sind.

Sehr provokant.

Das Hörspiel selbst bedient sich zum Teil sehr minimaler, aber um so treffenderer Stilmittel. Technisch sehr sauber gearbeitet, mit Lena Stolze, Elisabeth Trissenaar, Jeanette Spassova und Traugott Buhre hervorragend besetzt, hat der MDR als Produzent wieder einmal ein Glanzstück abgeliefert. Großartige ausgesuchte Soundübergänge und passend gewählte Passagen des Romans vermitteln eine im Buch sicher noch viel tiefgreifendere Geschichte, wie es einem Hörspiel einfach möglich ist.

Das Hörspiel ist in diesem Sinne eine Einführung. Das Buch selbst zu lesen kann danach nur noch ein lehrreiches Vergnügen sein.

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch von Marina Lewycka
Hörspiel in einer Bearbeitung von Claudia Kattanek
Regie Oliver Sturm
Produktion MDR 2007
Sprecherinnen: Lena Stolze, Elisabeth Trissenaar, Traugott Buhre und andere
1 CD, 68 Minuten
erschienen im Hörverlag
www.hoerverlag.de
Preis: ca. 15 Euro

(Shanghai Drenger)

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