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Kommentar

Kommentar vom 06.09.2002

No flagman ahead - Wie er da stand, auf dem Gelände eines Autohauses und lässig mit der Zigarettenspitze wedelnd prophezeite, dass keiner seiner Mannschaft um seine Zukunft bangen müsste, da war mein Misstrauen geschürt. Nun gehört das diesjährige Kunstfest der Vergangenheit an, und die Weissagung des Neu-Neuhardenbergers hat sich nicht erfüllt.

Viele sahen das Gulbenkian-Ballett als den virtuosen Abgesang eines Kunstfestes Kauffmannscher Prägung, aber damit tut man Ralf Schlüter, respektive seiner Mannschaft, Unrecht. Denn Schlüter hat es mit wenig Etat geschafft, ein undeutliches Profil zu schärfen und wesentlich mehr als sein Vorgängerintendant dazu beigetragen, einige Weimarer Kulturinitiativen zu integrieren. Und ihn als Kauffmann-Epigonen einzuordnen, wäre eine unzulässige Reduzierung.

Überhaupt war Schlüter eher ein Mann der moderaten Töne, ohne seine Kritikfähigkeit einzubüßen. Büßen muss er für seinen Vorgänger, denn nun soll er und seine sechzehnköpfige Arbeitsmannschaft auf dem Altar eines Neuen Kunstfestes Weimar geopfert werden.

So verschwommen die Kontur der neuen Priester, so präzise das Schwert des Henkers. Man weiß zumindest genau, was man will: Schlüters Kopf. Und Schlüter will ein für ihn vertretbares Konzept, auch wenn es seinen Kopf kostet. Dabei geht es hier beileibe nicht um eine Personaldiskussion, sondern um ein durch Politik und Eitelkeiten diktiertes Ränkespiel, welches radikal auf Trümmern aufbauen will.

Nichts gegen Neues, das kann Weimar dringend brauchen. Und erst recht keine Verurteilungen im Vorfeld des Neuen Kunstfestes, die Beiräter sind kluge Köpfe. Nur: warum keine Symbiose?

In diesem Minenfeld ist der Karren momentan hoffnungslos festgefahren. Schlüter verteidigt sein geschärftes Festivalprofil, und verweist zu Recht auf gewachsene Besucherzahlen. Und er will selbstverständlich kein Zugpferd für eine Luftschlosskutsche sein.

Der Beirat sucht indessen eine Leitfigur, die sich mit Strahlkraft fremden
Maßgaben beugt und ein eigenes Profil vermittelt. Kreisquadraturen aber sind nach wie vor real nicht durchführbar. Schlüters Vorstoß, das gute Erbe mit der neuen Zukunft zu bündeln stößt bei Stadt und Beirat auf taube Ohren. Eine Koalition der Kontrahenten, wäre sinnvoll. Doch Schlüters Hand greift ins Leere. Sein Angebot ist keine, vielleicht erwartete, Kapitulation. Andererseits kann das alte Konzept Frischluft durchaus vertragen. Dazu öffnet man Fenster, und sprengt keine Wände. Und lautes Türenschlagen bringt wenig Luftzug.

So sind wir denn wieder in der Kleinstadt angekommen, die offenbar keinen Platz für alle klugen Geister lässt. Die Mittler im Rathaus sind auf Tauchstation, kein Steuermann in Sicht und das Ruder im Nebel. Kann sein, dass das Schiff mit sieben Segeln auftaucht. Aber im Eismeer hätte es auch keine Chance.

Und es bleibt ein offener Fragenkatalog. Wer bittet beispielsweise die örtlichen Konzertveranstalter zu Tisch. Oder ist denen die Nebenrolle fest zugewiesen? Wer fragt eigentlich die Gastronomen? Oder sollen die tatenlos auf mehr Prozente hoffen? Und wer fordert die Kreativität lokaler Künstler ein? Oder dienen sie nur zum Besticken der Segel?

(Matthias Huth)

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