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Hörbuchrezension

Hörbuchrezension vom 21.10.2003

Bernardo Atxaga: Memoiren einer baskischen Kuh - Dieses Hörspiel handelt von einer eitlen Kuh, die keine sein will, denn Kühe sind dumme Tiere, die dümmsten der Welt, höchstwahrscheinlich. Alles, was sie im Sinn haben, ist Fressen und Schlafen. Um die Geschehnisse in der Welt um sie herum machen sie sich keine Gedanken.

Nicht so Mo, eine baskische Kuh. Sie wäre lieber ein Pferd - ein edles und stolzes Tier. Mo wird schon kurz nach ihrer Geburt mehr oder weniger sanft aus ihren Tagträumen gerissen und mit der harten Realität konfrontiert. Erstens durch ihre innere Stimme, die lästig und hartnäckig schier unmögliche Denkleistungen von Mo verlangt. Und zweitens durch eine absolute Außenseiter- und Rebellenkuh, die ihrem Wildschweinherzen folgt und zu der sich Mo irgendwie hingezogen fühlt.

Gemeinsam entschlüsseln sie die Bedeutung seltsamer Vorgänge auf ihrem Hof, erkennen schließlich, dass sie untrennbar mit dem Leben der Menschen verbunden sind - ja sie werden sogar in den Strudel eines Krieges hineingezogen, der sie eigentlich nichts angehen dürfte - und bestehen gefährliche Abenteuer, an deren Ende sie zu ihrer Bestimmung gefunden haben. Mo entwickelt sich im Verlauf der Geschichte von einer naiven, trägen Fresskuh zu einer nachdenklichen, aus eigenem Antrieb heraus handelnden und weisen Kuhpersönlichkeit.

Die "Memoiren einer baskischen Kuh" sind gespickt mit Lebensweisheiten und Sprichwörtern wie zum Beispiel diesem: "... morgen, morgen sagt das Vieh, auf den Berg gelangt es nie." Die Kuh Mo kommt uns näher, während sie uns ihre Erinnerungen erzählt. Aus ist es mit dem geruhsamen Leben, nachdem sie sich erst einmal über die Welt ihre Gedanken gemacht hat. Schluss mit dem sinnfreien Grasfressen, nachdem man einmal versucht hat, philosophische Weisheiten zu entwickeln. Plötzlich wird es notwendig sich auf den Weg zu machen, sich ein eigenes Leben zu erobern, auf die innere Stimme zu hören. Mo muss schließlich zugeben, dass diese innere Stimme nicht nur lästig ist, sondern ein guter Ratgeber und dass es besser ist auf sie zu hören.

Das Hörspiel beruht auf einem Buch für Kinder von 12 Jahren an. Den Reiz, den es ausmacht, werden aber vor allem Erwachsene Hörer zu schätzen wissen. Vor allem die Hauptsprecherin Rosemarie Fendel trägt das Stück. Sie hat eine wunderbare, warme, manchmal träge aber auch aufgebrachte Kuhstimme. Im Kontrast dazu hören wir eine kleine Nonne, ein Nönnchen, mit französichem Akzent und lieblicher Piepsstimme von Möhrchen schwärmen.

Die einzelnen Abschnitte der Memoiren Mos sind durch die Musik deutlich voneinander abgegrenzt. Die klingt eher abstrakt, wir hören Schlagwerk - Zimbeln, Klangstäbe, natürlich Kuhglocken. Insgesamt räumt die Geschichte mit einer Menge von Vorurteilen über das Leben als Kuh im Allgemeinen und das Leben als Kuh im besonderen Falle Mos gründlich auf. Eins finden wir allerdings bestätigt: Kühen geht es besser mit Musik. Sie lieben die sanften Klänge, die romantischen Weisen. Dann hält sie nichts mehr auf der Weide, dann kommen sie ins Laufen - hin zu den Menschen.

Bernardo Atxaga wurde 1951 im baskischen Ort Asteasu geboren. Er veröffentlichte mit 20 Jahren sein erstes Buch und schrieb Gedichte, Kinderbücher und Romane. In seiner baskischen Heimat ist er sehr populär. Weshalb er es für gut erachtete, eine Kuh über das Leben philosophieren zu lassen, wissen wir nicht. Etwas verwundert stellt Mo fest, dass man kein Pferd sein muss um Achtung vor sich selbst zu haben und dass zu einem erfüllten Kuhleben mehr gehört, als Gras zu fressen und faul in der Sonne zu liegen. Vielleicht wollte uns das Bernardo Atxaga sagen, nicht mehr und nicht weniger.

"Memoiren einer baskischen Kuh", Hörspiel von Charlotte Niemann, ist beim Pollux Audio Verlag erschienen und wird bei Radio LOTTE in der Sendung Ohrangeade in zwei Teilen gesendet: am Sonntag, dem 26.10. und am Sonntag, dem 2.11. jeweils um 20.00 Uhr.

(Kathrin Witte)

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