Hörbuchrezension
Hörbuchrezension vom 29.07.2003
Joachim Ringelnatz: Ich hatte leider Zeit. Gedichte - "Das Leben ist alles, was es nur gibt: Wahn, Krautsalat, Kampf oder Seife." Das klingt wie Karl Valentin, ist es aber nicht. Valentin ist aber auch nicht ganz falsch, denn der, der solcharart Sätze zuhauf schrieb, hat sich ebenfalls ausgiebig in Münchner Künstlerkneipen und Kleinkunstbühnen herum getrieben. Die Rede ist von Joachim Ringelnatz, dessen Biographie ähnlich bunt ist wie sein Werk. Er war schreibender Matrose und Werbetexter, Straßensänger und Fremdenführer, halb Vagabund, halb versoffenes Genie.
Geboren wurde Ringelnatz als Hans Bötticher 1883 in Wurzen. Seine Karriere begann 1909 in der Münchener Künstlerkneipe Simplicissimus, seine große Zeit als Meister der Kleinkunstbühne fällt in die goldenen zwanziger Jahre, bevor er nur 51jährig im November 1934 in Berlin stirbt. Hinterlassen hat er melancholische und vor allem skurrile Weltliteratur, wie beispielsweise die Kuddeldaddeldu-Verse, seine Kindergedichte und Märchen, die machten ihn schon zu Lebzeiten bekannt gemacht haben.
Dazu kommen jede Menge Gedichte, die jetzt das Schweizer Label Kein und Aber Records in einer wunderbaren Hör-CD herausgebracht hat, ausgewählt und gelesen von Harry Rowohlt. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die kongeniale Lesung des Autors und Übersetzers Rowohlt das ohnehin große Vergnügen bei der Ringelnatz-Lektüre noch einmal spürbar steigert.
"Ich hatte leider Zeit. Gedichte von Joachim Ringelnatz, gelesen von Harry Rowohlt"
erschienen bei dem kleinen Schweizer Label Kein & Aber Records,
in Deutschland vertrieben durch den Eichborn-Verlag
(Burkhardt Kolbmüller)