Hörbuchrezension
Hörbuchrezension vom 13.05.2003
Michel Houellebecq: Plattform - An dem französischen Autor Michel Houellebecq, der bei uns mit seinem 1998 erschienenen Roman "Elementarteilchen" bekannt wurde, scheiden sich die Geister. Während er für die einen der "größte Literaturstar seiner Generation" ist, laufen andere - nicht zuletzt wegen islamfeindlicher Äußerungen - gegen seine Bücher Sturm. Das ist auch bei seinem dritten Roman "Plattform" so, der jetzt in einer sehr interessanten Hörspiel-Fassung vorliegt.
Auch in "Plattform" ist der Ich-Erzähler Michel wieder ein gutes Stück vom Autor selbst - um die 40, frustriert, sexbesessen und liebesunfähig. Die Rahmenhandlung dreht sich um die Planung touristischer Großprojekte in der Dritten Welt, wobei Michel mit der gut verdienenden Managerin Valerie kurzzeitig eine halbwegs erfüllende Beziehung gelingt. Beflügelt von ihrer sexuellen Erfüllung, erfinden die beiden eine neue Form des Pauschaltourismus. Doch bevor sich das Paar den Traum erfüllt, für immer nach Thailand überzusiedeln, macht ein islamistischer Anschlag ihren Plänen ein jähes Ende...
Auch wenn der SPIEGEL Houellebecq den "schonungslosen Entlarver einer globalisierten Welt" nennt - seine Bücher bleiben letztlich ein Skandalon, das vielen - auch mir - zu weit geht. In zahlreichen Interviews hat sich Houllebecq zudem ausdrücklich hinter die irritierenden und provozierenden Thesen seines Helden Michel gestellt, die den Sextourismus gutheißen und den Islam beschimpfen. Sein Publikum in Frankreich goutiert diese Provokationen mit Hingabe, während die islamische Vereinigung Frankreichs gegen den Autor Prozesse anstrengt - bislang ohne Erfolg.
Die jetzt im Audio-Verlag erschienene Hörspiel-Version von "Plattform" wurde vom Westdeutschen Rundfunk produziert und erhält ihre besondere Faszination und einen ungeheuren Drive durch die elektronische Hintergrundmusik des französischen Komponisten Betrand Burgalat.
(Burkhardt Kolbmüller)