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Kommentar

Kommentar vom 24.08.2010

Vor dem Ende der Wehrpflicht? - Seit Anfang 1957 besteht in der Bundesrepublik Deutschland Wehrpflicht. Der damalige Verteidigungsminister hieß Franz-Josef Strauß und war mit Abstand die schillerndste Persönlichkeit, die die CSU bislang hatte. Trotz seiner Freundschaften zu Diktatoren wie Augusto Pinochet und trotz zahlreicher Skandale wie der Spiegel-Affäre im Jahre 1962 genießt er in weiten Teilen Bayerns immer noch Kultstatus. Und so ist aus der CSU auch stets zu vernehmen, dass die Wehrpflicht nicht zu hinterfragen ist, da sie eben untrennbar mit Franz-Josef Strauß verbunden sei.

Um so erstaunlicher ist es, dass sich mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ein junger CSU-Politiker aufmacht, die Wehrpflicht ab Mitte 2011 auszusetzen, was einer Abschaffung derselben gleichkommt. Es wäre eine Revolution innerhalb der CSU, sollte er sich durchsetzen. Und es wäre auch eine Niederlage für den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, der gebetsmühlenartig die Notwendigkeit der Wehrpflicht betont, indem er die altbekannten Phrasen drischt. Und Angela Merkel hat bereits verloren, wenn ihr neuer Regierungssprecher verkündet: „Die Bundeskanzlerin kann sich in dieser Frage vor einer breiten Diskussion in den Parteien nicht festlegen.“ Eine Bankrotterklärung, denn Regieren ist mehr als nur sein Fähnchen in den Wind zu hängen.

Aber ist die Wehrpflicht wirklich überflüssig? Schauen wir ein wenig zurück: Während des kalten Krieges hatte die Bundeswehr mehr als 500.000 Soldaten im Dienst, galt aber nur als bedingt abwehrbereit. In Großbritannien gab es keine Wehrpflicht. Die Freiwilligenarmee mit weniger als 200.000 Soldaten galt aber als weit schlagkräftiger als die dreimal größere Bundeswehr. Nach dem Fall der Mauer haben fast alle europäischen Länder die Wehrpflicht abgeschafft, weil man längst erkannt hat, dass eine Berufsarmee besser gerüstet und weit billiger ist. Deutschland hinkt mal wieder hinterher und hält bislang an der Wehrpflicht fest, auch wenn mit einem sechsmonatigen Wehrdienst kaum etwas gewonnen ist und es Wehrgerechtigkeit schon längst nicht mehr gibt. Denn nur ein Bruchteil der Wehrpflichtigen wird überhaupt eingezogen.

Es ist zu hoffen, dass sich zu Guttenberg durchsetzen wird. Es ist gut, wenn überkommene Traditionen über den Haufen geworfen werden und pragmatisch Politik gemacht wird. Damit lässt sich sogar verlorenes Ansehen bei der Bevölkerung wiedergewinnen.

(Oliver Kröning)

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