Kommentar
Kommentar vom 02.11.2010
Deutsche Bahn hängt Weimar ab - In Weimar am Bahnhof in den ICE einsteigen und in Frankfurt, Leipzig oder Dresden wieder aussteigen. Das, was seit vielen Jahren problemlos im Stundentakt möglich war, wird in sechs Wochen nicht mehr so einfach sein. Weimar wird kein ICE-Systemhalt der Deutschen Bahn mehr sein. In der Klassikerstadt, die jedes Jahr von unzähligen Touristen besucht wird, werden nur noch vereinzelt ICEs halten. Und sonst nur noch die unbequemen InterCity- und Regionalzüge. Wer nach Frankfurt will, muss in den meisten Fällen in der ungeliebten Landeshauptstadt umsteigen. Das ist ein Rückschritt in einer bislang nicht gekannten Größenordnung. Wer Richtung Leipzig will, hat die noch größere Arschkarte gezogen. Denn nach Leipzig - und somit auch nach Dresden - gibt es nur alle zwei Stunden eine halbwegs akzeptable Verbindung. Und auch die dauert über 20 Minuten mehr als bislang. Nun braucht der IC eine Stunde und 17 Minuten in die Messestadt – falls er mal pünktlich sein sollte. Ansonsten muss man in Erfurt umsteigen und wieder zurück ohne Halt durch Weimar brausen. Das kostet dann auch deutlich mehr. Logo, man fährt ja 50 Kilometer mehr. Da braucht sich niemand zu wundern, dass die Menschen massenhaft auf das Auto umsteigen werden.
Diese Entscheidung der Deutschen Bahn ist ein weiterer Beweis für eine völlig verfehlte Unternehmensführung, die an den Bedürfnissen der Kunden vorbeigeht. Gut, in fünf oder sechs Jahren würde Weimar ohnehin vom ICE-Verkehr abgekoppelt werden, aber bis dann soll ja die Schnellstrecke nach Leipzig und Nürnberg fertig sein, die trotz Umsteigen schnelle Verbindungen schaffen sollte. Bereits aber jetzt Weimar weitgehend abzuhängen, ist eine Kriegserklärung der Deutschen Bahn an alle Bewohner und alle Besucher dieser Stadt. Jetzt müssen alle Kräfte gebündelt werden, um diese Fehlentscheidung zu korrigieren. Das muss auch Chefsache im Rathaus werden. Oberbürgermeister Stefan Wolf muss hier aktiv werden, sollte er es ernst meinen mit seinem Engagement für diese Stadt. Auch dann, wenn er persönlich lieber mit dem Auto nach Berlin fährt.
Energischer Protest der Bürgerinnen und Bürger allerdings könnte die Bahn zum Umdenken bewegen. Nötig ist eine Postkartenflut in den Briefkästen des Bahnchefs Grube, die ihn zu einer Korrektur der Entscheidung auffordert. Ebenso muss Oberbürgermeister Wolf in die Pflicht genommen werden. Weimar darf nicht vom Fernverkehr abgekoppelt werden.
(Oliver Kröning und Shanghai Drenger)