Aktuelles
Aktuelles vom 28.02.2011
Fasching ist's - Fasching ist´s, - närrische Zeit...
Was aber machen jetzt die Menschen, die Faschingsklamauk nicht mögen und trotzdem lustige Veranstaltungen erleben wollen?
Sie gehen ins Kabarett, möchte man meinen...
Ist dem so? Und wohin gehen sie dann?
Fasching oder Karneval und das Kabarett haben vom kulturkritischen Ansatz her wohl einige Gemeinsamkeiten. Aber: Fasching muss man mögen, und Kabarett muss man außerdem noch können...
Nun gibt es ja beides in Weimar derzeit. Und beides findet bekanntermaßen nicht auf dem allerhöchstem Weltniveau statt.
Dagegen setzt jetzt das „mon ami“ ein Programm des politischen Kabaretts an: Dort werden Ende März und Anfang April vier hochkarätige Kabarettisten zu Gast sein und – sozusagen ein kleines Festival gestalten.
Vorerst aber schallte es hinter der Ami-Fassade am Wochenende laut „Ahoi!“. Diesen Ruf hat der sogenannte Mensa-Fasching der Bauhaus-Universität ausgelöst. Dumpf tönte dabei das Nebelhorn. Und wer am Hause vorüber kam, wird verwundert diesen irritierenden Ton auf dem Platz vernommen haben. Er signalisierte uns: Noch geht das Schiff nicht unter!
Auch nicht gerade mal 100 Meter weiter, wo eine „Sinnflut“ ab und an ihre Wellen und Wogen aussendet. Das Weimarer Kabarett, das allerdings viele Weimarer noch gar nicht kennen, ist gerade umgezogen und hat sein neues Domizil am Theaterplatz 2a aufgeschlagen. Und zwar in der zweiten Etage des Goethe-Kaufhauses.
Eigentlich bringt man ja Kabarett und Brett`l immer irgendwie mit Kellern in Verbindung. In Weimar aber muss man, um zur Satire zu gelangen, nun die Rolltreppe erst einmal aufwärts fahren, um dann, mittendrin im spiegelblanken Kommerz, die Kunst der Satire erleben zu können.
Freilich; die Macher des Kabaretts „Sinnflut“ hätten sich auch eine andere Spielstätte vorstellen können. Aber das bisherige Domizil in der Steubenstraße wird saniert und erhält eine neue Nutzung. Und andere, geeignetere, möglichst auch preiswertere Räume waren vorerst nicht verfügbar.
Am Sonntag gastierte das Kabarett "Sinnflut" im Bienenmuseum in Oberweimar, nicht gerade zentrumsnah. Wie geht das dort?
Man will auch ab und an die Bewohner in den Weimarer Außenbezirken „abholen“, erklärte mir Astrid Bransky, die Chefin der „Sinnflut“. Und ihr Partner in Sachen Geschäftsführung und Ehe, Michael Kirmes-Seitz, erklärte eingangs seiner sonntäglichen Veranstaltung dem Publikum, dass es neben dem politischen Kabarett ja auch noch das literarische Kabarett gebe, und das pflege man jetzt im schönen Saal des Museums.
Tatsächlich waren auch etwa 40 Zuhörer gekommen, um an Kaffeetafeln aufgereiht - bei Sonntagskuchen -, des Künstlers eigene Gedichte zu hören. Das waren Liebesgedichte und schließlich die lyrischen Impressionen einer Reise: „New York im Gegenlicht“ und „Zurück aus der Befreiung“, vorgetragen zu Klavierkompositionen von George Gershwin.
Ich fand dabei den konzeptionellen Ansatz gut. Die Musik passte zu den Textinhalten. Oder umgekehrt: Die Rhythmen der Worte passten gut zur Musik. Allerdings war ich vom Vortrag enttäuscht.
Denn selbst literarisches Kabarett ist doch immer auch Schauspiel, und keine Lesung vom Blatt. Und wer einmal Peter Rühmkorf gehört hat, wie er seine Texte - zur Piano-Jazz-Musik von Michael Naura beispielsweise - zelebriert hat, und wie sich Poet und Pianist da gegenseitig befeuerten, der weiß um die Reserven, die in dieser Weimarer Aufführung noch schlummern.
Dabei hat mir der Pianist DIAS streckenweise recht gut gefallen. Und wenn er die „Rhapsody In Blue“ beispielsweise nicht hätte permanent unterbrechen müssen, um immer wieder Raum für das Wort zu geben, so hätte er ganz sicher auch noch viel besser „swingen“ können. Und auch das quietschende Flügel-Pedal wäre dann wohl auch weniger störend gewesen...
Die Begeisterung hält sich in Grenzen. Kann man daraus schließen, dass Weimar für dich doch noch immer tiefe Provinz in Sachen Kabarett und Spaßkultur ist?
Und womöglich auch bleibt?
Da kann ich nur von meinen sporadischen Wahrnehmungen sprechen:
Was das literarische Kabarett betrifft, da sind wir wohl Provinz. Und das politische Kabarett hat es in unseren Zeiten sehr schwer, wirkliche Reibungsflächen zu finden. Und schließlich all das, was wir mit Comedy bezeichnen, das hat im Osten gar keine Tradition, und konnte wohl noch immer nicht recht Fuß fassen bisher.
Frau Bransky beklagte, dass man in der Stadt diese Szene nicht gebührend fördere, - vor allem nicht die Leute, die hier vor Ort agieren - und dass man statt dessen immer nur auf fremde Leistungen zurückgreife.
Nun; wir brauchen ganz sicher beides: Heimische Produktionen, und die Anregung durch Spitzenleistungen von außen.
Mal sehen, was da in wenigen Wochen die Veranstaltungen im „mon ami“ bewirken werden. Das Spiegelzelt-Festival im Sommer bringt ja auch sehr viel Hochkarätiges derart; man kann es im jetzt vorliegenden Programm nachlesen.
Und wir werden mal sehen, wie sich das Kabarett „Sinnflut“ am Theaterplatz, so in der direkten Nachbarschaft zum Nationaltheater, künftig etablieren wird. Es wäre wünschenswert, wenn wir in Weimar auch ein eigenes, gutes Kabarett haben, welches eigene Themen satirisch besetzt.
(Wolfgang Renner)