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Kommentar

Kommentar vom 01.03.2011

Ehre und Erbärmlichkeit - „Gibt es eigentlich nichts wichtigeres als die Sache mit der geklauten Doktorarbeit?“, fragen zur Zeit viele Anhänger des Verteidigungsministers und beschönigen das Ganze noch, indem sie den Diebstahl geistigen Eigentums als „Schummeln“ verniedlichen. Die Antwort ist ganz eindeutig: Nein, es gibt absolut nichts, das wichtiger wäre, denn diese Frage ist von elementarer Bedeutung. Einige Fanatiker sehen auch eine linke Verschwörung gegen den gemäß Umfragen beliebten Karl-Theodor zu Guttenberg. Aber auch das ist hanebüchener Unsinn. Es sind gerade die wahren Konservativen, die sich über den Betrug von zu Guttenberg empören. Und so sind die Urteile in der FAZ und in der Financial Times Deutschland besonders vernichtend. Die letztgenannte Wirtschaftszeitung konstatiert gar: „Guttenberg und mit ihm die Unionsparteien wenden sich ab von dem Fundament, auf dem bürgerliche Parteien stehen sollten. Sie verhalten sich wie Rechtspopulisten: Sie sagen der Bevölkerung die Unwahrheit, der Zweck heiligt die Mittel, und das Volk folgt dem Charismatiker auf Schritt und Tritt.“

Treffender kann man es nicht ausdrücken. Es ist ja nicht nur das Plagiat. Dies ist nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Nichts an zu Guttenberg ist echt. Weder seine inhaltsarme Rhetorik noch seine angebliche Demut, die in Wirklichkeit ein Höchstmaß an Arroganz aufweist. Und wenn er sich samt Gattin in Afghanistan wie für ein Modejournal ablichten lässt, dann betreibt er die Entpolitisierung und Banalisierung der Politik. Nur der schöne Schein zählt und das oberflächliche Urteil des Boulevards. Das einzige Ziel scheint die Bespaßung der mutmaßlich geistig Minderbemittelten zu sein und somit steht der Baron in einer Reihe mit Bild, Bunte, Bohlen und Big Brother. Eine Parallelwelt ohne echte Inhalte mit kurzen schalen Kicks wie Drogen für Schwerstabhängige.

Dies ist eine gefährliche Realitätsflucht, die einhergeht mit einem Werteverfall, der sehr bedenklich ist. Sollte das tatsächlich die Zukunft Deutschlands sein, kann man nur darauf warten, dass die Chinesen uns bald überrennen werden. Oder besteht noch Hoffnung? Gibt es vielleicht eine Allianz der wahren Konservativen und der als Gutmenschen verhöhnten Idealisten aller Couleur? Dann hätte Deutschland vielleicht noch ein Chance, sich in dieser Welt zu behaupten. Wohin die Reise geht, ist noch offen. Einstweilen muss man feststellen, dass ein tiefer Riss durch unser Land geht. Nicht zwischen Ost und West, oder zwischen links und rechts. Sondern zwischen Ehre einerseits und moralischer Verkommenheit, ja Erbärmlichkeit andererseits.

(Note: Dieser Kommentar erschien wenige Minuten bevor es erste Meldungen über den anstehenden Rücktritt gab.)

(Oliver Kröning)

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