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Kommentar

Kommentar vom 07.12.2001

Keine Ruhe vor dem Sturm - Die Welt ist voller Verschwörungen und ebensolcher Theorien. In Weimar scheint es beispielsweise einen Geheimbund zu geben. AKTIV heißt er und steht für Arbeitskreis tote Innenstadt Vimaria. Eifrige Mitglieder der im Namen bestimmten Vereinsidee sind Dieter Hollnack und der Beigeordnete für Recht, Jugend und Soziales Norbert Michalik. Letzterer versteht sich eher als Diener dieser Stadt und Rechtsausleger denn als Jugendfreund. Michalik soll mal früher in der deutschen katholischen Jugend gewesen sein und zusammen mit unserem Ministerpräsidenten ein ehrendes Ehrenkreuzlein dieses Bundes unter dem Revers tragen. In solchen Glaubensgemeinschaften entstehen manchmal frühe Feindbilder von betrunkenen Menschen die abends statt zu beten recht laut sind und das mühsam Bewahrte mit Dreck verunzieren. Dagegen stehen die braven Anwohner, die in Weimars Innenstadt nach 22 Uhr Totenstille erwarten. (Es sei denn, der Familienvater geht zu den im Zwei-Wochen-Rhythmus zelebrierten Volksfesten, um die Steuereinnahmen durch Selbsteinnahme von Alkohol zu heben.)

Nun gibt es da ein kleines gallisches Dorf, Entschuldigung, eine kleine Lokalität im Herzen Weimars namens C-Keller, wo besagte Feindbilder ein- und ausgehen, billige Spirituosen und andere Getränke sowie kleine wohlschmeckende Mahlzeiten zu sich nehmen, staatlich verordnete Zapfenstreiche missachten und den heiligen Marktplatz als Kommunikationsfreifläche betrachten. Vorsicht, sagt da das ordnungsamtige Organ, da können unangemeldete Revolutionen entstehen. Und da Vorbeugen besser als Keilen ist, werden Verein und Betreibern erstmal die Instrumente gezeigt. Die da heißen: Veranstaltungsentzug, baupolizeiliche Bedenklichkeiten, Anwohnerbeschwerden aus geheimgehaltenen Dossiers und die Zuordnung sämtlicher öffentlich urinierender Betrunkener Weimars zu diesem nächtlichen Sündenpfuhl. Und während Atzerix Szallies mit seinen galligen Streitern auf einen Zaubertrank sinnt, der die Gemüter der Anwohner und Ordnungshüter versöhnt und mit Mahnzetteln, zusätzlichen Papierkörben, täglichen Reinigungsarbeiten und Ähnlichem eine Eskalation der Streitigkeiten zu verhindern versucht, handeln schwarze Bären und Politiker sowie goldige Juweliere nach dem Rechtsgrundsatz: Nur ein toter Angeklagter ist ein guter Angeklagter.

Nun regt sich aber wiederum Widerstand bei studentischen Vertretungen, Kulturausschüssen und den eigenen politischen Reihen, die solche Auffassungen nicht sehr demokratisch finden, und im Gegensatz zu Herrn Michalik die Räumlichkeiten des C-Kellers sogar schon persönlich in Augenschein genommen haben. Es ist eben auf niemanden mehr Verlass.

Während die anonymen Mitglieder des Vereins Arbeitskreis tote Innenstadt Vimaria wütend ihr Protestlied "Mein Ruh' ist hin, mein Herz ist schwer" anstimmen, biete ich den rettenden Lösungsvorschlag: Mit Schließung und Abrissbirne Tatsachen schaffen, anders ist diesen Nachtschwärmern ja nicht beizukommen. Sheriff Michalik zieht schneller als man denkt die Gesetze aus dem Halfter, und dann ist temporär High-Noon in Goethe-Town. Ein paar Panzer kann man sich ja notfalls auch noch mieten, und wenn man damit keine braven, alkoholisierten Volksfestbesucher planiert ist die Ruhe über Weimars Wipfeln endgültig zementiert.

Und ich singe dann: "Gute Nacht Freunde, es ist Zeit für mich zu gehn." Auch wenn dann unangemeldetes Singen nicht mehr erlaubt sein sollte...

(Matthias Huth)

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