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Kommentar

Kommentar vom 14.03.2011

9/11 vs. 3/11 - Wem wollten nicht die Bilder vom 11. September 2001 einfallen? In einer Beinahe-Endlosschleife sahen wir Flugzeuge in Hochhäuser krachen, in religiösem Wahn von Menschenhand gesteuert.
Eine ähnliche Beinah-Endlosschleife mussten wir am Wochenende nach dem 11.März 2011 auf den Bildschirmen laufen sehen. Immer und immer wieder konnten wir verfolgen wie der Reaktorblock des japanischen Kernkraftwerkes Fukushima 1 explodierte. Die Folgen einer Naturkatastrophe. Das Ausmaß vorerst ungewiss.

Abgesehen von der medialen Präsenz haben beide Ereignisse nichts miteinander zu tun. Oder vielleicht doch?
Stellt man beide Ereignisse nebeneinander werden mitunter seltsame Spiegelungen sichtbar. In New York wurde damals schon nach wenigen Stunden ein Verdacht über die Täter geäußert. Im japanischen Kraftwerk war nicht einmal der Schaden konkret benannt. Die Flugzeuge in New York wurden als Bombe verwendet. Das Kraftwerk war auf Grund seines Alters eine Zeitbombe. Für beide Ereignisse gilt: es waren Ereignisse, die mit menschlicher Grenzerfahrung zu tun haben. Die Türme des World Trade Center waren vorgeblich gegen Flugzeugabstürze gefeit, das Kraftwerk erdbebensicher gebaut. Doch siehe da, die Möglichkeit einer zweiten Flugzeugexplosion in New York hat niemand vorausgesehen und ein Erdbeben über 8,6 auf der Richterskala in Japan (für diesen Wert war das Kraftwerk ausgelegt) war auch nicht in Betracht gezogen worden.

Sollte der Mensch seine Erfindungen nicht besser beherrschen? Sollte er sie nicht besser im Griff haben?
Ein Künstler muss, will er für ein Objekt ein Auto auf die Seite legen, den Motor und den Tank ausbauen. Es könnten Flüssigkeiten auslaufen und ins Erdreich sickern. Ein Veranstalter muss Vorsorge treffen, damit sich niemand verletzen kann und, es muss klar geregelt sein, was in einem Notfall getan werden muss. Das ist ein wenig pingelig, aber eigentlich ganz in Ordnung so.
Für die Atomindustrie scheint solches Prozedere bedeutungslos zu sein. Ein Tsunami sorgt dafür, das sämtliche Notversorgungen eines Kraftwerkes ausfallen. Rätselhafterweise funktionieren auch die Strahlenmessgeräte in der gesamten Umgebung nicht mehr und das trotz der Nähe gleich mehrerer Kernkraftwerke. Die Stärke des Bebens wurde am Ereignistag mit 8,8 angegeben, am Tag nach der Reaktorexplosion wurde sie auf 9,0 Wertpunkte hoch korrigiert. Zwei Tage nach dem Beben! Glaubwürdiger wird dadurch nichts.

Hier in Deutschland unterdessen verweisen die Politiker und Politikerinnen bei der Frage nach der Zukunft der Atomenergie zunächst auf die tausenden Tsunamiopfer: „Alles weitere morgen!“.
Zwar ist Deutschland erheblich Erdbebensicherer als Japan, doch auch hier ist das Stromnetz nicht das stabilste und es kann zu Ausfällen kommen. Zudem verfügt die Bundesrepublik über Risikoreaktoren genug. Es bedarf also gar keines Erdbebens. Nach Notfall- und Evakuierungsplänen, beispielsweise für das Kraftwerk Biblis, muss man gar nicht erst fragen.
Und während ein Konzertveranstalter im Vorhinein erklären muss, wo er am Ende die Pappbecher entsorgen will, darf die Atomindustrie in Sachen Atommüll auf solcherlei lästigen Papierkram getrost verzichten.

Bei aller wirklich angebrachten Trauer über die Opfer einer Naturkatastrophe sollten wir aber nicht die menschliche Mitverantwortung unterschlagen! Der Umstand, dass sich die Katastrophe in rund 9000 Kilometern Entfernung von Deutschland ereignete, ist keinerlei Beruhigungsgrund, ebenso wenig der Wetterbericht im Fernsehen, der zeigt, dass der Wind eine radioaktive Wolke aufs Meer hinaus tragen würde. Vor hundert Jahren hätten wir uns damit noch zufrieden geben können. Heute nicht mehr! Wir produzieren und wir konsumieren global. Entfernungen sind diesbezüglich indiskutabel geworden.

Um so mehr muss jetzt, heute noch, der Ruf nach dem Atomausstieg laut werden. Eine Verlängerung der Laufzeiten für die mitunter maroden Kraftwerke bedeutet eine willkürliche Vergrößerung der Lebensgefahr für zigtausende, ja hunderttausende Menschen.
Und da wir schon in einer vorgeblich christlichen Wertewelt leben, wie wäre es, an dieser Stelle über den Sinn der biblischen Sintflut-Geschichte nachzudenken? So schief ist das Bild in diesem Fall nicht.

(Shanghai Drenger)

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