Kommentar
Kommentar vom 05.04.2011
Wer Parteifreunde hat ... - „Wer Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr“; diese Weisheit ist eine der grausamen Tatsachen in der Politik. Für die FDP gilt das in ganz besonderem Maße. Kein Wunder, ist ihr Bekenntnis zum Raubtier-Kapitalismus doch Programm. Man erinnert sich noch, wie Westerwelles Vorgänger Wolfgang Gerhardt brutal als Vorsitzender abserviert wurde. Oder wie Jürgen Möllemann kalt gestellt wurde. Guido Westerwelle war an den Intrigen gegen beide maßgeblich beteiligt. Nun erwischt es ihn selbst. Er mache den Weg für einen Generationenwechsel frei, sagt er. Dabei ist er noch nicht einmal 50 Jahre alt. Er hätte durchaus noch gut 20 Jahre die Geschicke seiner Partei prägen können, wenn er nicht über seine eigene Arroganz und Selbstherrlichkeit gestolpert wäre. Und dabei stellt sich immer wieder ein und dieselbe Frage: Warum eigentlich verhält sich der doch zur Vernunft begabte Mensch wie ein Rudeltier, das danach strebt, eine Zeitlang Alphamännchen zu sein, um danach in die Bedeutungslosigkeit zu versinken? Ist Macht tatsächlich so geil, dass sie ein paar Jahre auszukosten schwerer wiegt als die notwendig folgende Demontage, die einhergeht mit einem Gesichtsverlust, dem öffentlichen Bild, ein Versager zu sein und allen anderen Wunden, die sich zwangsläufig einstellen müssen? Diese Erfahrung wird eher früher als später auch der künftige FDP-Vorsitzende machen.
Bundesaußenminster will er aber bleiben, verkündet Westerwelle. Aber geht das überhaupt? Wie kann ein Mann, der so sehr demontiert worden ist wie Westerwelle, jetzt noch die Interessen Deutschlands im Ausland vertreten? „Zu schlecht für die Partei, aber gut genug für Deutschland?“, fragt rhetorisch daher das Handelsblatt. Durch seine fragwürdige Haltung in der Libyen-Politik hat er ohnehin das Vertrauen bei den westlichen Verbündeten verspielt. In Washington, London und Paris wird man es deswegen mit Genugtuung aufnehmen, dass Westerwelle angezählt ist und im politischen Ring schon ganz erheblich torkelt. Es ist kaum vorstellbar, dass dieser Mann noch mehr als zwei Jahre Deutschland in der Welt repräsentieren soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss jetzt handeln. Aber damit ist wohl immer noch nicht zu rechnen. Dass sie zur Zeit auf Krücken läuft, spiegelt den allgemeinen Zustand der Regierung wider. Die sauberste Lösung hieße Neuwahlen spätestens im Herbst. Noch nie war eine Bundesregierung dermaßen überfordert, die Geschicke des Landes zu lenken. Bald könnte es sich als wahr herausstellen, wenn es heißt „Deutschland schafft sich ab“. Aber nicht wegen ein paar Einwanderern, sondern wegen der absoluten Unfähigkeit der selbst ernannten politischen Elite.
(Oliver Kröning)