Kommentar
Kommentar vom 12.04.2011
Afrika wiederentdeckt - Viele Monate tobte der Machtkampf zwischen einem ehemaligen Präsidenten, der nicht abtreten wollte und dem mehrheitlich gewählten neuen Präsidenten in der Elfenbeinküste. Einher ging dieser Machtkampf mit einem Bürgerkrieg, der viele Todesopfer forderte. Kriegsverbrechen von beiden Seiten werden wohl bald vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag genauer untersucht werden.
Na und, könnte jetzt der abgebrühte Zyniker sagen. Grausame Kriege sind seit Jahrzehnten in den meisten Ländern Afrikas auf der Tagesordnung. Und Europa hat sich dafür kaum interessiert. Wozu auch? Afrika war der vergessene und verlorene Kontinent, der nur etwa 1% zum weltweiten Bruttosozialprodukt beitrug. Vor rund 50 Jahren wurden die meisten Länder Afrikas überstürzt in die Unabhängigkeit entlassen, nachdem zuvor vor allem Frankreich, aber auch Großbritannien, Portugal, Belgien und andere den Kontinent rücksichtslos ausplünderten. Deutschland war fein raus, hatte man doch im Ersten Weltkrieg die Kolonien verloren.
Woher aber kommt das plötzlich wieder entdeckte Interesse Europas an dem schwarzen Kontinent? Gewiss, Frankreich hat stets Afrika als seinen Hinterhof betrachtet, aber das geschah über Jahrzehnte hinweg diskret, ja fast ein wenig verschämt. Davon ist nichts mehr zu spüren. Sowohl in Libyen als auch in der Elfenbeinküste prescht Frankreich mit einem offensiven Kurs vor, dass einem fast die Luft weg bleibt.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich die Europäische Union in einer großen Krise befindet. Nach Griechenland und Irland muss auch Portugal unter den Euro-Rettungsschirm flüchten. Sollte bald auch das weit größere Spanien sein Finanzproblem nicht mehr lösen können, ist sonnenklar, dass der Euro scheitern wird. Marine Le Pen, die neue Vorsitzende des Front National fordert schon den Austritt Frankreichs aus der EU. Und Nicolas Sarkozy hat schon in vielen Punkten die Rechtsradikalen kopiert. In so fern ist die Frage geboten, ob Frankreich sich bereits anders orientiert und wieder in Afrika seine Claims absteckt. Die quasi bankrotte USA haben sich bereits deutlich aus der Weltpolitik zurückgezogen. Frankreich mag dies als historische Chance begreifen und seinen Einfluss in Afrika verstärkt geltend machen. Immerhin ist der Kontinent voller Bodenschätze. Was so viel heißt: die Kriege in Libyen und in der Elfenbeinküste werden nicht die letzten sein. Denn eines muss man sich immer wieder vergegenwärtigen: Korrupte, machtversessene Präsidenten sitzen nicht nur in Palästen afrikanischer Hauptstädte.
(Oliver Kröning)