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Kulturrückblick

Kulturrückblick vom 18.04.2011

"Die Kunst erlöst uns von gar nichts" - Shanghai Drenger:
Dein Kulturrückblick an diesem Montag befasst sich mit neuen Ausstellungen in Weimar und den damit verbundenen Performances. Die Kunst erlöst uns von gar nichts, so hieß dabei eine dieser Veranstaltungen im ACC?...

Wolfgang Renner:
Die Kunst erlöst uns von gar nichts. Wie wahr...
Das klingt zwar nicht sehr verheißungsvoll. Aber trotz besseres Wissens tragen wir romantisch veranlagten Deutschen ja doch immer noch so eine Hoffnung in uns, dass Kunst uns erheben,
wenn nicht gar erretten, möge.
Aber: Die Kunst erlöst uns von gar nichts... So stellte es das ACC fest, und überschrieb damit einen „Baudenabend“, der am vergangenen Donnerstag in den Räumen der Galerie stattfand.
Das war eines der Rahmenprogramme für die aktuelle Ausstellung „Die frühen Jahre – 1989 bis 2011“.
Es wird also momentan nichts Neues gezeigt. Aber sehr viele Erinnerungen werden geweckt, wenn man durch die vielen kleinteiligen – jahresthematisch aufgemachten – Räume wandelt.
Was hat es da doch mittlerweile schon alles gegeben im ACC:
Paul Klee und William Wegman, Cindy Sherman und „Sterne von Gugging“, Hexen und „Annäherungen an das Glück“, den Wieland-Ruheraum, oder „Kunst, Kitsch und Krempel“. Man kann hier freilich nicht alles aufzählen, was da bisher alles lief: 44 Gruppen- und 41 Einzelausstellungen, 20 Seitensprünge und 18 Ausstellungen des eigenen Atelierprogramms. Jetzt gibt es auch einen umfangreichen, sehr informativen Katalog zu all dem: genau 600 Seiten stark.
Und der „Baudenabend“ in der vergangenen Woche diente quasi zur Präsentation. So etwas heißt nun „book launch“ im ACC.

Shanghai Drenger:
Der „Baudenabend“ war doch aber sicher viel mehr als nur eine Buchpräsentation? Bei solch einem spannenden Titel...

Wolfgang Renner:
Natürlich, wie eben das ACC selbst noch viel mehr ist als „nur“ eine Galerie, so war dann auch dieser „Baudenabend“ noch sehr viel mehr. Womöglich wurde da sogar ein neues, performanceartiges und durchaus amüsantes Veranstaltungsformat entwickelt: Es wurde moderiert und montiert, - ein Mix aus Interviews mit den frühen Aktivisten, mit Comics, Fotos, Videos und etlichen Erinnerungsberichten. Und dabei kamen dann auch viele andere Aktivitäten noch zur Sprache: Die Entdeckung des „e-Werk“- Geländes für die Kultur zum Beispiel, oder die Theatertage des ACC, die es auch einmal gab, Plaudereien zum Thema „Motz in New York“ oder aber Erinnerungen an weitere Aktionen im Stadtraum: beispielsweise alljährlich zum 1. Mai - einer „Schönen der Stadt“ zu Ehren – das Sternbrückenfest.

Das Gesamtkunstwerk ACC in seinen vielen Facetten kann man aber eigentlich gar nicht fassen, kaum in einem Katalog – selbst wenn er noch ein paar hundert Seiten dicker wäre – und auch nicht mit solch einem Erinnerungs-Abend zu den frühen Jahren.

Ja, und was war mit der Feststellung: Die Kunst erlöst uns von gar nichts? So übrigens auch ein Ausstellungstitel aus dem Jahre 1996. Die These von einst schwebt natürlich noch immer im Raum. Und blieb dort unbemerkt hängen; oder wurde heiter verdrängt...

Nun hat ja die Kunst in Weimar ihren Platz nicht nur im ACC. Von welchen weiteren neuen Ausstellungen kann man denn derzeit noch berichten?

Eine dem ACC programmatisch sehr ähnliche Schau wurde am gleichen Abend im Neuen Museum eröffnet. Dort befindet sich im Nebengelass seit nunmehr beinahe 3 Jahren die „Marke.6“.
Ja, was ist das eigentlich? Eine Universitätsgalerie? Ein Diskussionsforum? Ein Schaufenster für studentische Kunst?
Wohl von allem etwas, und jedenfalls etwas Intersdisziplinäres.
Und so lesen wir in der Ankündigung zu der Ausstellung mit Namen „Lang lebe Marke.6“: Sie „...versteht sich als studentische Initiative, die mit Unterstützung der Bauhaus-Universität und der Klassik-Stiftung Weimar die Räume im Souterrain des Neuen Museums bespielt. Marke.6 hat die Aufbauphase erfolgreich ge-meistert. Man blickt daher zurück und stellt alles rund um die Marke.6 aus: marke.mensch, marke.marke, marke.gestalt, marke. aussehen und marke.schaufenster. Marke.6 blickt aber auch nach vorn und zeigt, wohin es programmatisch und räumlich gehen soll...
Das Ganze ist für all die, die in solchen Projekten involviert sind, ganz sicher eine sehr spannende Angelegenheit. Für den eher unbeteiligten Betrachter macht sich allerdings alsbald dabei so etwas, wie eine gepflegte Langeweile breit.
Damit will ich aber den Sinn auch solcher Ausstellungen keinesfalls in Frage stellen. Sie sind eben nur nicht jedermanns Sache...
Und wer sich deshalb nicht gleich herzu traut, der kann künftig schon mal eine Mini-Ausstellung bei marke.kiosk, jenem ehemaligen Zeitungskiosk am Sophienstiftsplatz, betrachten.
Die gehören jetzt zusammen. Noch aber ist der Kiosk leer...

Shanghai Drenger:
Was bietet Weimar an Kunst in der Osterzeit denn all jenen, die es nicht ganz so avantgardistisch mögen? Da gibt es im Schillermuseum die große Schau mit grafischen Arbeiten von Rembrandt, welche die Klassik-Stiftung anbietet, und mit der man sicher viele Touristen anziehen wird.
Aber Weimar hat doch sicher noch viel mehr an Kunst?

Wolfgang Renner:
Im Moment häufen sich die Ausstellungseröffnungen. Und Weimar, macht neben Liszt, Goethe und Bauhaus auch wieder als Kunststadt eine gute Figur. Allein bei der Klassik-Stiftung gibt es gleich drei neue Ausstellungen.
Und viel Interessantes ist auch in den Galerien der Stadt zu sehen.
Ich möchte aber noch auf eine Ausstellung in den Räumen der Stadtbibliothek aufmerksam machen. Dort kann man zwischen den Regalen und vor allem im Gewölbekeller Holzschnitte von Otto Pankok anschauen: Vorzügliche expressionistische Kunst eines interessanten Künstlers, der auch einmal – wenn auch nur sehr kurz – einen Weimar-Bezug hatte...

Und zu guter Letzt: In der vergangenen Woche wurde beim Kunstverein „Hofatelier“, draußen in Niedergrunstedt, eine Ausstellung mit Arbeiten von vier neuen Vereinsmitgliedern eröffnet. Auch dorthin lohnt ja immer ein Ausflug – zur Kunst unserer Region und zu vorzüglichem, selbstgebackenem Kuchen.
Es gibt also vieles an Bildern zu sehen und zu erleben, in und um Weimar.
Also, ein Osterspaziergang lohnt sich auch in Sachen Kunst. Auferstehung ist. Selbst, wenn uns die Kunst von gar nichts erlöst...

(Wolfgang Renner)

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