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Kommentar

Kommentar vom 03.05.2011

Der Tod des Top-Terroristen - Osama bin Laden ist tot, wurde gestern gemeldet. Die Welt spricht von nichts anderem mehr, obwohl keiner etwas genaues weiß. Antworten gibt es nur wenige. Dafür um so mehr Fragen, zumal die Meldungen sich in vielerlei Hinsicht widersprechen. Mal heißt es, die USA hätten die Aktion zusammen mit Pakistan unternommen. Dann wieder, dass niemand in das Unternehmen eingeweiht wurde. Zunächst hieß es, bin Laden wäre in einem Feuergefecht gestorben. Stunden später wurde gemeldet, eine seiner Ehefrauen hätte ihn vor seinem Tod identifiziert. Das aber hieße, bin Laden wäre hingerichtet worden. Und dabei stellt sich die Frage, ob die USA das Recht haben, einfach einen Gefangenen zu töten anstatt ihn vor Gericht zu stellen. Und warum glaubt man der Ehefrau überhaupt? Und warum lässt man die Leiche so schnell verschwinden? Warum gibt es keine Bilder? Und war, wenn Pakistan nicht eingeweiht war, die Aktion nicht schwerer Landfriedensbruch?

Viele Fragen bleiben offen und ob wir je Antwort erhalten werden, ist fraglich. Wozu auch? Das amerikanische Volk rennt jubelnd auf die Straße und feiert, als ob gerade die Lieblingsfootballmannschaft den Super Bowl gewonnen hätte. Die Hinrichtung des Staatsfeindes Nummer 1 als Sportereignis? Wohin sind wir eigentlich gekommen? Noch schlimmer, dass auch deutsche Politiker öffentlich erklären, dass sie froh sind über den Tod von bin Laden. Wann hat es je Vergleichbares gegeben? Selbst als RAF-Terroristen getötet wurden, hatte es diese offen zur Schau gestellte Freude nicht gegeben. Und sie ist auch fehl am Platz. Die Terrorgefahr ist keineswegs geringer geworden. Im Gegenteil: man darf nun mit Racheaktionen rechnen. Im übrigen widerspricht es christlichen Werten, sich über den Tod eines Menschen – egal, wer es ist – zu freuen. Der Vatikan ist ausnahmsweise mal zu loben, dass er darauf hinweist. Denn die Bilder des johlenden Pöbels in den USA, der den Tod bin Ladens feiert, sind zutiefst widerwärtig. Hatte man sich nicht darüber empört, dass palästinensische Kinder angeblich den 11. September bejubelten?

Aber der nationalistische Ausnahmezustand in den USA ist nicht verwunderlich. In dem puritanisch geprägten Land verwechselt man bis heute Gerechtigkeit mit Rache und Freiheit mit dem Recht des Stärkeren. Das Weltbild in den USA basiert auf einem primitiven Them or Us (Die da oder Wir)-Gefühl, das dringend ein Feindbild benötigt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Engländer, Indianer, Nazis, Japaner, Kommunisten oder Islamisten handelt. Dutzende Geheimdienste müssen ihre Existenzberechtigung nachweisen: mit echten oder fingierten Feinden. Der Staatsfeind Nummer 1 ist nun abhanden gekommen. Nun muss bald in einer Hasswoche ein Neuer gefunden werden. Dieses Vorgehen kennen wir aus George Orwells Roman „1984“. Geeignete Bewerber für diese Rolle sollte es zur Genüge geben.

(Oliver Kröning)

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