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Kommentar

Kommentar vom 06.02.2004

Zur Debatte über die Zuschüsse für Nike Wagner - Jetzt hat sie also auch Weimar erreicht- die Diskussion um die überhöhten Bezüge deutscher Führungskräfte- auch wenn im Vergleich zu den kürzlich abgefundenen Mannesmann-Managern die ein- oder andere Null fehlt. Aber braucht Nike Wagner bei einem Salair von 90-tausend Euro im Jahr wirklich noch einen Mietzuschuß von 7200 Euro? In der Wohngeldstelle in der Buttelstedter Straße suchen Menschen um weit geringere Zuschüsse nach. Die werden ihnen dann auch noch oft genug verwehrt, weil sie beispielsweise zwei Euro fünfzig zuviel verdienen. Dabei ist sicher von Löhnen auszugehen, die wohl deutlich unter 90-tausend Euro liegen. Wieweit kommt man mit einem Reisekostenzuschuß von 10-Euro im Jahr? Einmal um die Welt sicherlich und das auch noch erster Klasse. Wir bei Radio Lotte zahlen die Fahrtkosten zu Außenterminen aus eigener Tasche, weil es weder von der Landesmedienanstalt noch vom Arbeitsamt Geld dafür gibt. Wen will man mit 20-tausend Euro pro Jahr beköstigen? Ein ganzes Regiment Sponsoren? Und selbst tafelt man natürlich kräftig mit. Welchen Eindruck kann man eigentlich bei potentiellen Geldgebern erwecken, wenn man sie mit Champagner und Kaviar bewirtet, oder was es da sonst noch so leckeres gibt? Sicherlich nicht den, daß man dringend Geld braucht und wenn man es dann bekommt, damit auch vernünftig umgeht.

Daß die Zahlen über die Bezüge der Kunstfestspitze überhaupt an die Öffentlichkeit gelangten, ist der Tatsache geschuldet, daß man dort offensichtlich nicht weis, wie der Wirtschaftsplan einer GmbH abzufassen ist und als man keinen hatte, einfach irgendwas abgab. Dieses Zahlenwerk fand sich dann im städtischen Haushalt wieder. Zur Geschäftsführung gehört eben mehr, als nur Spesenabrechnungen einzureichen. Offiziell firmieren nämlich die oben genannten Posten unter der Rubrik „Aufwendungen für Verwaltung und Marketing“. Da kam dann zur Gier auch noch die Unfähigkeit. Kunstfestsprecherin Angela Holzwig sagte jetzt, die Summen entsprächen nicht der Wahrheit, der Stadtrat habe mit falschen Zahlen operiert. Inzwischen ist der Kunstfest-Wirtschaftsplan auch geändert worden, die Ausgaben für Bewirtungs- und Reisekosten wurden drastisch zusammengestrichen. Das ändert aber grundsätzlich nichts an dem zuvor Gesagten. Ursprünglich hatten es sich die Kunstfest-Verantwortlichen ja so vorgestellt. Das sie jetzt unter dem Druck der Öffentlichkeit umsteuern mußten, kann sie nicht wirklich entlasten.

Um allen Mißverständnissen vorzubeugen: Auch wir hier bei Radio Lotte wollen ein Kunstfest, daß von fähigen und profilierten Fachleuten organisiert wird und den Namen Weimars weltweit bekannt macht, Geld in die Stadt bringt und wenn auch auf Umwegen Investoren anlockt und Arbeitsplätze schafft. Wir sind auch davon überzeugt, daß Nike Wagner hier viel bewegen kann. Aber ein bischen mehr Bewußtsein für die Befindlichkeiten der normalen Menschen auf der Straße dürfte schon sein. Vielleicht denkt sie noch einmal darüber nach, ob sie den Mietzuschuß von 7200 Euro wirklich in voller Höhe braucht. Es würde sicherlich bei den Weimarern gut ankommen, wenn sie da ein kleines Zeichen setzen könnte.


(Jürgen Marschall)

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