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Kommentar

Kommentar vom 14.06.2011

Hase und Igel - die deutsche Außenpolitik - In gewisser Hinsicht ist die deutsche Außenpolitik märchenhaft. Zumindest erinnert die aktuelle Pfingstreise von Außenminister Guido Westerwelle an die Geschichte von Hase und Igel. Völlig überraschend besuchte er gestern Bengasi, das in der Hand der libyschen Opposition ist, um jetzt auch mal Präsenz zu zeigen. Blöd nur: alle anderen großen Länder des Westens sind schon längst da. Seit drei Monaten fliegt die NATO Luftangriffe auf Stellungen Gaddafis, an denen sich Deutschland nicht beteiligt. Mehr noch: man hatte im UN-Sicherheitsrat nicht der entsprechenden Resolution zugestimmt: an der Seite Chinas und Russlands enthielt man sich und stimmte nicht gemeinsam mit den Verbündeten. Aus Berliner Kreisen ist zu hören, dass Westerwelle damals sogar gegen die Resolution stimmen lassen wollte und erst im letzten Moment von Kanzlerin Angela Merkel zur Enthaltung verpflichtet wurde.

Nun traut sich der Außenminister erstmals nach Bengasi und wird dort von der Rebellenregierung logischerweise mit einer gewissen Distanz empfangen. Aber rhetorisch ist Westerwelle nun auf die westliche Linie eingeschwenkt: Deutschland anerkennt die Rebellen als die legitime Vertretung von ganz Libyen, obwohl es keine neuen Erkenntnisse gibt. Wer genau hinter den Rebellen steht, weiß man bis heute nicht so genau und ob sie nach dem Sturz Gaddafis rechtsstaatliche Reformen einleiten werden, ist fraglich. Bleiben also nur strategische Gründe, warum es nun zu dem Schwenk in der deutschen Außenpolitik kam, denn Gaddafis Truppen geraten zunehmend in die Defensive. Hat man nach dem „Hannemann, geh du voran“-Prinzip gehandelt und opportunistisch abgewartet, zu welcher Seite das Pendel ausschlägt? Fast scheint es so, denn man darf nicht vergessen: in Libyen gibt es jede Menge Öl. Vor Ausbruch des Krieges war das Land der viertwichtigste Lieferant Deutschlands; und das soll wohl auch künftig so sein. Ob dies gelingt, ist zweifelhaft. Zumindest in Sachen Immobilien haben sich die anderen Länder die Filetstücke schon gesichert. Deutschland dagegen ist mit seiner Vertretung erstmal nur mit einem einzigen kleinen Räumchen in Bengasi vertreten: als Unterbieter des schwedischen Konsulates. Westerwelles aktueller Schwenk erinnert an einen Gang nach Canossa – wenn gleich in Zickzackformation. Nun verkündet er: „Er steht auf der falschen Seite der Geschichte und muss zurücktreten“. Damit meint er Gaddafi und nicht sich selbst.

(Oliver Kröning)

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