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Kommentar

Kommentar vom 08.08.2011

D-Day des Kapitalismus - Erlauben wir uns zunächst einen Blick 70 Jahre zurück: Zweiter Weltkrieg. Von Anfang an wurde er von Nazi-Deutschland in verbrecherischer Weise geführt, aber in den ersten zwei Jahren mit militärischer Intelligenz: eine Region nach der anderen wurde überfallen: erst Polen, später Skandinavien, dann Benelux und Frankreich. Erst durch die größte anzunehmende Dummheit, die Sowjetunion anzugreifen, entstand ein Zwei-Fronten-Krieg, der zuvor sorgsam vermieden worden war. Später wurde es zu einem Viel-Fronten-Krieg und Hitler gruppierte Divisionen um, die es nur noch auf dem Papier gab.

Wenn man nun den Kapitalismus als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln begreift, wird die Parallele schnell deutlich. Überall brennen neue Schuldenherde und Merkel möchte an alle Orte milliardenschwere Finanzdivisionen hinschicken. Das klappt noch, wenn die Schuldenfront nur in kleinen Ländern wie Griechenland, Irland, Portugal und Zypern liegt, sobald aber Schwergewichte wie Spanien und Italien dazukommen, wird es brenzlig. Und in diesen beiden Ländern sind in der Tat Fronteinbrüche zu verzeichnen: die Zinsaufschläge für deren Staatsanleihen steigen dramatisch an, die von der EZB aufgekauft werden sollen. Auf politischen Druck hin, versteht sich. Kein wirtschaftlich denkendes Unternehmen würde dies tun. Noch Ende der letzten Woche hieß es aus dem Merkel-Umfeld richtigerweise, dass Italien zu groß sei, um unter dem Euro-Rettungsschirm zu schlüpfen. Aber Merkel will davon nichts wissen. Hier sollen Milliarden verschoben werden, die es nicht mehr gibt. Ein für Deutschland existenzbedrohendes Spiel, in dem der Bundestag erst gar nicht mehr gefragt wird.

Aber heben wir das Brennglas noch etwas höher, um nicht nur Europa zu sehen, das an allen Ecken brennt. Japan, mit über die 200% des Bruttoinlandsproduktes verschuldet, kommt nach Fukushima und Energienotstand nicht mehr als dem Tief heraus. Und dann auch noch das: Die Kreditwürdigkeit der USA wurde in der letzten Woche erstmalig herabgestuft. Kein Wunder, denn der Schuldenkompromiss kurz zuvor ist nahezu das Dümmste, was nur vorstellbar ist. Wie will man die Schulden abbauen, wenn man gleichzeitig den Konsum abwürgt? Schon droht die Supermacht China ihrem Großschuldner USA, dass man jedes Recht habe, von den USA zu verlangen, dass man das Schuldenproblem entschieden angehe. Dies liest sich wie eine Kriegserklärung an das nur noch de facto-Alphamännchen der Weltwirtschaft. Fazit: das Äquivalent zum D-Day, der alliierten Landung 1944, hat den westlichen Kapitalismus in der letzten Woche erreicht. Oder anders ausgedrückt: the point of no return, die Stelle, von der es kein Zurück mehr gibt. Ob der endgültige Zusammenbruch in drei Wochen oder drei Jahren erfolgt, ist nur noch ein Detail. Ironie der Geschichte: wieder einmal scheitern wir an Gegebenheiten, die wir selbst in Gang gesetzt haben. Wie schon das Sprichwort sagt: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“.

(Oliver Kröning)

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