Kommentar
Kommentar vom 07.11.2011
Demokratie - geboren in Griechenland - Ein Charakteristikum der real existierenden Demokratie ist es, dass das Volk über eher unwichtige Sachen abstimmen darf, über wichtige aber nicht. So durften vor einigen Jahren Berliner und Brandenburger darüber entscheiden, ob ihre beiden Bundesländer fusionieren. Über die unendlich wichtigere Frage zur deutschen Wiedervereinigung jedoch nicht.
Nun steht Griechenland bekanntermaßen vor Entscheidungen von ganz erheblicher Bedeutung. Extreme Sparmaßnahmen oder eben das Verlassen der Euro-Zone, möglicherweise gar der EU. Und der nun gescheiterte Premier Papandreou wollte eine Volksabstimmung darüber. Sofort setzte ein Aufheulen der Mächtigen dieser Welt ein und die willfährigen Systemmedien stimmten ein. „Volksabstimmung? In einer Demokratie? Das geht ja wohl gar nicht“ So etwas mache die Märkte nervös und damit war das Schicksal des griechischen Premiers besiegelt. „Die Märkte“ ist das Totschlagargument der heutigen Zeit, vergleichbar mit „Gott“ oder „Führer“ in früheren Zeiten. Und es zeigt wieder einmal deutlich, dass die führenden Politiker nichts weiter sind als Marionetten. Es heißt, dass Demokratie und Kapitalismus eine enge partnerschaftliche Einheit bilden, die alternativlos sei. Diese partnerschaftliche Einheit ist aber mit einer sado-masochistischen Beziehung zu vergleichen: die Strippenzieher der Märkte sind die Doms, die Politiker die Subs. Man darf das Ganze durchaus pervers nennen und wenn es nicht so tragisch wäre, könnt man einen alten Spontispruch neu auflegen: „Stell Dir vor, es ist Markt und keiner geht hin“.
Apropos Markt: Auf griechisch heißt dieser „Agora“ und dort soll vor über 2.000 Jahren die Demokratie eingeführt worden sein. Es hätte dieser Farce um Papandreou nicht bedurft, um zu beweisen, dass die real existierende Demokratie nichts weiter ist als eine riesige Mogelpackung. Aber ein starkes Bild mit Symbolwert ist es schon, dass nun ausgerechnet im Geburtsland der Demokratie diese jetzt auch ganz offiziell beerdigt wird. Ruhe in Frieden. Eine Selbstverwirklichung war dir nicht vergönnt. Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
(Oliver Kröning)