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Kommentar

Kommentar vom 21.11.2011

Heinrich und Henriette - „Zum Erschießen schön“, war ein häufig gebrauchtes bon mot von Heinrich von Kleist, wenn ihm etwas besonders gut gefiel. Seine Todessehnsucht war schon früh stark ausgeprägt und zahlreich waren die Menschen, die er gefragt hat, ob sie mit ihm sterben wollen. Sozusagen Heiratsanträge der etwas anderen Art. 1809 traf er die krebskranke Henriette Vogel, mit der er dann endlich zwei Jahre später seinen Todesplan verwirklichen konnte. Spötter meinen, dass Kleist mit seinem inszenierten Tod sein bestes Werk abgeliefert habe, das seine sprachvollendete Novellen und seine genialen Dramen noch weit überträfen.

Was kann uns das kurze Leben Heinrich von Kleists heute sagen? War er einfach ein überspannter Hypochonder, der schlichtweg lebensuntüchtig war? Oder waren es die Umstände, die tumben, verlogenen Menschen, die ihn verzweifeln ließen? Wenn man Lars von Triers jüngsten Film „Melancholia“ gesehen und verstanden hat, muss man erkennen, dass Kleists Todessehnsucht zeitlos ist und auch heute eine außerordentliche Aktualität besitzt. Es ist ja nicht nur der fiktive Charakter der Justine, die das Ende der Welt freudig begrüßt. Der große Erfolg des Films beweist, dass der Faszination der Todessehnsucht sich viele Menschen nicht entziehen können, auch wenn es bei den meisten eher auf der Ebene des Unterbewusstseins erfolgt. Heinrich von Kleist hätte ohne Zweifel diesen Film „zum Erschießen schön“ gefunden.

Eine ganz andere Faszination ist das „Was wäre, wenn“-Spielchen. So fragt sich mancher dieser Tage, was denn gewesen wäre, hätte Kleist Erfolg im wirklichen Leben gehabt. So fabuliert der Schauspieler Ulrich Matthes im FAZ-Interview, dass Kleist womöglich 1850 eines „gemütlichen Todes“ gestorben wäre, hätte er eine Direktionsstelle am Wiener Theater bekommen. Oder wenn „Der Zerbrochene Krug“ schon zu Lebzeiten ein großer Erfolg gewesen wäre. Dies erscheint unrealistisch und auch nicht einmal wünschenswert. Die Todessehnsucht wurde Kleist gleichsam in die Wiege gelegt und sein gemeinsamer Freitod mit Henriette Vogel stellt den fast zwingenden Abschluss von Kleists Leben dar, das stets hin zu einer unbedingten Konsequenz ausgerichtet war. Durch preußische Gründlichkeit der Behörden sind die letzten 24 Stunden der beiden Selbstmörder bestens dokumentiert. Sie verbrachten sie in großer Heiterkeit – ein Mosaikstein, das maßgeblich zur Unsterblichkeit der beiden beiträgt. Fast könnte man neidisch werden und es mit Kleists Worten kommentieren: Zum Erschießen schön.

(Oliver Kröning)

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