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Hörbuchrezension

Hörbuchrezension vom 24.01.2012

"Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim" - Ausgerechnet am Valentinstag sitzt Maxwell Sim allein in einem Restaurant in Sydney. Von Frau und Tochter sitzengelassen, will nicht einmal sein Vater, für den er extra nach Australien geflogen ist, ihm Gesellschaft leisten. Da erhält er das Angebot, für einen Anbieter ökologisch produzierter Zahnbürsten an einer Wettfahrt zu den Shetlandinseln teilzunehmen. Maxwell legt seine Zukunft in die Hände der Mundhygieneartikelindustrie und macht sich gemeinsam mit dem freundlichen Navigationsgerät "Emma" auf den Weg zum nördlichsten Punkt des britischen Königreichs.

Die Geschichte des Maxwell Sim ist von Anfang bis Ende eine Geschichte der Midlife-Crisis. Maxwell, Mitte 40, hatte in letzter Zeit Rückschläge hinzunehmen, die seine Lebensplanung grundlegend ins Wanken bringen. Völlig aus der Bahn geworfen, sieht er sich urplötzlich ganz auf sich allein gestellt. Und so nimmt er sich zunächst Zeit, seinen Vater in Australien zu besuchen, in der Hoffnung, sein gestörtes Verhältnis zu ihm aufzubessern. Doch vergebens.
Nach seiner Rückkehr nach England stürzt er sich ins fragwürdige Abenteuer des Zahnbürstenverkaufs und er zieht Parallelen zwischen sich und einem einstigen Einhand-Weltumsegler, der einst mit einem angeblich hochmodern ausgerüsteten Boot an einem Wettrennen teil nahm und dabei unverrichteter Dinge – der Bootsmann hatte die Weltumseglung nur fingiert – verscholl.
Maxwell reist nun auch in einem wirklich modern ausgestatteten Wagen in den Norden des Königreiches. Er besucht seine von ihm getrennt lebende Frau und seine Tochter, ohne mit der einen, noch mit der anderen ein wirkliches Gespräch führen zu können, er besucht seine einstige Jugendliebe, überbringt Kartons mit privaten Aufzeichnungen, nicht ohne diese gelesen zu haben. Dabei aber erfährt er Dinge über seinen Vater, die ihm klar machen sollten, was die Mauer zwischen ihm und dem alten Mann in Australien ausmacht. Wird es ihm am Ende gelingen? Diese Frage darf man sich als Hörer dieser imposanten Geschichte fortwährend stellen, denn sobald es irgendwo und irgendwie aufwärts zu gehen scheint, ist schon das nächste Tal in Sicht.

Erzählerisch ist dem Autoren ein Meisterstück gelungen. Der Roman gleicht einem Eisläufer, der fortwährend mit den Schlittschuhen spuren ins Eis zieht. Immer wieder gibt es Schleifen und Kringel, die sich dann doch wieder nach zahlreichen Überschneidungen in einer klaren Linie auflösen.
Die Geschichte des Maxwell Sim ist eine andauernde Eröffnung von Tragödien, deren Kenntnis am Ende eigentlich nur ein Gewinn für ihn sein können.
Stephan Schad trifft perfekt den leicht melancholischen Tonfall des Autoren Jonathan Coe und macht für uns die Figur des Maxwell Sim lebendiger denn je.

Das gleichnamige Buch ist in der Deutschen Verlags-Anstalt erschienen.

Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim
von Jonathan Coe
erschienen im GoyaLIT-Verlag
6 CDs, ca. 7einhalb Stunden Spieldauer
gelesen von Stephan Schad u.a.
ISBN: 978-3-8337-2766-5
Preis ca. 25 Euro

(Shanghai Drenger)

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